Welche Standsoftware der Mittelstand braucht

Kampf um jedes Projekt

24.09.2002
Von 
Bernd Seidel ist freier Journalist und Coach in München.

Nach dem Motto: 20 000 Kunden können sich ja nicht irren. Verspricht der Anbieter dann noch eine vollständige Integration aller Unternehmensprozesse, ist der Deal perfekt. „Von der Buchhaltung über die Lagerstellplatzverwaltung bis hin zum Internet-Shop alles zu integrieren ist jedoch nicht immer notwendig“, so Schmid weiter. „In mittelständischen Unternehmen heißen ERP-Systeme oft auch „ER(P)bsen-Zähler“, sagt er. Die bis ins kleinste Detail progammierte Logik der Geschäftsabwicklung sei ein zu enges Korsett, das die Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit der Unternehmen einschränke.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Wir wollten eine Software, die integriert, aber dennoch einfach ist und uns viele Freiheitsgrade lässt“, beschreibt Reiner Schweitzer, Controller bei Centrotherm Elektrische Anlagen GmbH + Co., Blaubeuren, die Anforderungen an eine neue ERP-Lösung. Die Wahl des Unternehmens fiel auf Proalpha. Obwohl das System seinen Nutzern viele Freiheiten lasse, war es zunächst ein Kulturschock: „Aus Sicht der Gesamtorganisation ist eine ERP-Lösung sinnvoll. Daten werden transparent und die Abläufe straff organisiert“, führt er aus. Doch für den einzelnen Mitarbeiter etwa im Vertrieb, der bisher gewohnt war, frei zu arbeiten, sei es ein Korsett. Es kostete viel Überzeugungsarbeit, Gespräche und Schulungen, um die Anwender vom Nutzen zu überzeugen.

ER(P)bsen-Zähler

„Betriebe sollten in erster Linie nur die Kernprozesse des Unternehmens innerhalb einer Lösung fest miteinander verdrahten“, rät Karsten Sontow, Vorstand der Trovarit AG aus Aachen. Das Unternehmen ist Anwendern mit der Plattform „IT Matchmaker“ bei der Suche nach geeigneten Produkten behilflich. Für die übrigen Aufgaben ließen sich dann Lösungen via Integrationstechnik ankoppeln. Der Vorteil: Abteilungen wie Vertrieb und Einkauf könnten rascher reagieren und seien flexibler, wenn sich Märkte, Kunden und Geschäftsmodelle änderten.

GPS-Mann Schmid hat diesen Trend bereits in der Praxis ausgemacht: „Wir stellen derzeit fest, dass Anwender immer häufiger einzelne Prozesse wie etwa die Angebots- und Preisgestaltung von den ERP-Systemen abhängen und diese Aufgaben stattdessen mit flexibleren, kleineren Paketen etwa aus dem Bereich Kunden-Management- Software lösen.“ Wichtige Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sowohl das ERP- als auch die angekoppelten Systeme über standardisierte Schnittstellen sowie Integrations-Werkzeuge verfügten, am besten auf Basis der Extended Markup Language (XML). Kriterien, die auch IT-Leiter Meffert wichtig sind - aber er hat ja noch ein Jahr Zeit, um das genau zu prüfen.