Gender-Pay-Gap-Analyse

IT kann sich keine Gehaltsgerechtigkeitslücke leisten

20.04.2022
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Auch in der IT gibt es einen Gender Pay Gap, der mit den Jahren der Berufstätigkeit zunimmt. Sie ist dabei nicht die Branche mit der größten Gehaltsgerechtigkeitslücke. Grund zur Entwarnung?
Beim Jobeinstieg ist der Gehaltsunterschied zwischen weiblichen und männlichen Bewerbern minimal. Allerdings steigt er im Laufe der Jahre und ist je nach Branche unterschiedlich ausgeprägt.
Beim Jobeinstieg ist der Gehaltsunterschied zwischen weiblichen und männlichen Bewerbern minimal. Allerdings steigt er im Laufe der Jahre und ist je nach Branche unterschiedlich ausgeprägt.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Die Zahlen steigen langsam, aber immer noch sind Frauen in der IT deutlich unterrepräsentiert. Ein wichtiger Hygienefaktor und ein Symptom im Hinblick auf die Anziehungsfähigkeit der Branche für weibliche Talente ist die Vergütung. Der Equal Pay Day hat am 7. März 2022 noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass Frauen und Männer in Deutschland immer noch unterschiedlich entlohnt werden. Dabei gibt es bei diesem Gender Pay Gap deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. Die Arbeitgeberbewertungsplattform kununu, auf der Mitarbeitende seit 2019 anonym Angaben zu ihrem Gehalt machen können, hat diese Unterschiede aktuell auf der Grundlage der bisher dort abgebebenen 1,8 Millionen Gehaltsdaten analysiert.

Gender Pay Gap steigt mit Berufserfahrung

Dabei galt der Entwicklung des Gender Pay Gaps mit Jahren der Berufszugehörigkeit ein besonderes Augenmerk: Verglichen wurde der Gender Pay Gap zwischen Frauen und Männern mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung mit dem bei weiblichen und männlichen Mitarbeitenden mit sechs bis zehn Jahren Berufserfahrung. Die IT liegt hier im Branchenvergleich im Mittelfeld: Frauen mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung verdienen in der IT acht Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, nach sechs bis zehn Jahren im Job steigt die Differenz auf 14 Prozent.

Zum Vergleich: Die Branche mit der ausgeprägtesten Entwicklung bei steigenden Jahren der Berufstätigkeit ist die Versicherungsbranche. Schon beim Jobeintritt verdienen Frauen hier zehn Prozent weniger als Männer, nach sechs bis zehn Jahren Entwicklung sind es 21 Prozent. Deutlich geringer fällt die Entwicklung dagegen in Medienunternehmen aus: zu Beginn der Berufstätigkeit sind es sieben, später dann neun Prozent.

Nun sind nicht alle IT-ler in der IT-Branche beschäftigt, andere Branchen wie etwa die Automobilindustrie, der Maschinenbau oder das Consulting beschäftigen IT-Spezialisten und -Spezialistinnen. Deshalb lohnt ein Blick auf häufige, branchenübergreifende Jobprofile. Rund 31.500 Software-Entwickler und -Entwicklerinnen haben auf kununu ihr Gehalt angegeben, 91 Prozent davon sind Männer, neun Prozent Frauen. Hier liegt der Gender Pay Gap anfänglich bei zwei Prozent, bei steigender Berufserfahrung beträgt er sechs Prozent. Der Anstieg kann unter anderem darin begründet liegen, dass es nur wenige Frauen in IT-Führungspositionen schaffen – hier beträgt der Anteil bei den kununu-Daten nur sieben Prozent.

Bei den IT-Projektmanager und -Managerinnen liegen die Verhältnisse ähnlich (rund 7.300 Angaben). Hier ist der weibliche Anteil an den kununu-Datensätzen mit 18 Prozent zwar deutlich größer, sinkt aber bei Positionen mit Führungsverantwortung auf zwölf Prozent. Der Gender Pay Gap steigt mit wachsender Berufstätigkeit von einem auf sechs Prozent.

Gehaltsungerechtigkeiten - alles nicht so schlimm?

Diese Zahlen und der Vergleich mit anderen Branchen sollten nicht für Entwarnung sorgen. Zum einen ist jedes Prozent beim Gender Pay Gap aus der Perspektive von Lohngerechtigkeit und Gleichbehandlung eins zu viel. Zum anderen kann sich gerade die IT keinen Gender Pay Gap leisten. Nicht einmal jede(r) fünfte Mitarbeitende ist hier weiblich. Einer der größten, bislang nur unzureichend ausgeschöpften Talentpools sind mögliche künftige IT-Spezialisten und -Spezialistinnen.

Mehr zu Frauen in der IT gibt's hier.