Studie „Industrie 4.0“ der COMPUTERWOCHE

Industrie 4.0: Große Unternehmen sind Pioniere, Mittelstand muss aufholen

12.05.2017
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Die großen Unternehmen sind die Vorreiter beim Thema Industrie 4.0. Sie haben bereits mehrere Projekte erfolgreich mit teilweise schnellem Mehrwert umgesetzt. Die kleinen und mittleren Firmen müssen allerdings aufholen, wenn sie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben wollen. Handlungsbedarf besteht vor allem in den Bereichen Produktion, IT sowie Forschung und Entwicklung.

Industrie 4.0 verändert die Art und Weise der industriellen Produktion fundamental, da es die Fertigung mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik verzahnt. Unternehmen können dadurch Maschinen, Anlagen und Prozesse miteinander und mit der Cloud vernetzen und ihre Anlagen zentral aus der Ferne überwachen und verwalten. Durch intelligentes Monitoring der Fertigungs-Daten ist es zudem möglich, nahezu in Echtzeit auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren und die Produktion zu optimieren.

Industrie 4.0 verändert die Art und Weise der industriellen Produktion fundamental, da es die Fertigung mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik verzahnt.
Industrie 4.0 verändert die Art und Weise der industriellen Produktion fundamental, da es die Fertigung mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik verzahnt.
Foto: asharkyu - shutterstock.com

Doch sind die deutschen Unternehmen für Industrie 4.0 gerüstet? Was verstehen sie unter Industrie 4.0? Wie sieht der Status quo aus? Welche technischen und organisatorischen Herausforderungen stellen sich? Wo besteht Handlungsbedarf? Welche Rolle spielt das Thema Sicherheit?

Um diese und weitere Fragen zu beantworten, hat die COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern SAP, Rohde &Schwarz, Hitachi Data Systems, Consol Software und Lufthansa Industry Solutions die Studie "Industrie 4.0 - Wo steht Deutschland?" realisiert. Hierzu wurden im Frühjahr 2017 bundesweit 340 Entscheider zu ihren Plänen und Projekten rund um Industrie 4.0 befragt. Wesentliches Ergebnis: Die deutschen Unternehmen erkennen zwar die Vorteile von Industrie 4.0, haben aber teilweise noch erheblichen Nachholbedarf. Eindeutiger Vorreiter bei der digitalen Produktion sind die großen Unternehmen.

Der erste Teil des Artikels zu den Ergebnissen der Studie befasst sich mit dem Status quo in deutschen Firmen und zeigt, in welchen Feldern Handlungsbedarf besteht. Im zweiten Teil stehen die technische und organisatorische Umsetzung sowie das Thema Sicherheit im Vordergrund.

Die Studie "Industrie 4.0 2017 - Wo steht Deutschland?" ist ab sofort im Studien-Shop der COMPUTERWOCHE als PDF-Download erhältlich.
Die Studie "Industrie 4.0 2017 - Wo steht Deutschland?" ist ab sofort im Studien-Shop der COMPUTERWOCHE als PDF-Download erhältlich.

Zehn Prozent haben keine konkrete Vorstellung von Industrie 4.0

Erstaunliche zehn Prozent der deutschen Unternehmen haben immer noch keine konkrete Vorstellung davon, was sich hinter Industrie 4.0 verbirgt. Überdurchschnittlich hoch ist der Wert mit 14 Prozent beim C-Level und 17 Prozent bei den Fachbereichen; interessanterweise haben auch zehn Prozent der Befragten aus dem Fachbereich Produktion/Fertigung/Konstruktion keine Vorstellung, was Industrie 4.0 bedeutet. Und nur 16 Prozent der Firmen stimmen dem Satz "In unserem Unternehmen herrscht ein klares Verständnis darüber, was Industrie 4.0 bedeutet" vollkommen zu.

Mehr als zwei Drittel der Unternehmen (69 Prozent) verstehen unter Industrie 4.0 die Vernetzung von Maschinen und IT. Jeweils 46 Prozent denken beim Begriff Industrie 4.0 an die direkte Kommunikation zwischen Maschinen, vernetzte Fabriken sowie automatisierte und flexible Produktion. Ein Viertel der Unternehmen versteht unter Industrie 4.0 voll integrierte Wertschöpfungsketten in der Zusammenarbeit mit Partnern und Zulieferern. Überraschend niedrig sind die Werte für Predictive Maintenance (19 Prozent) und Produktion mit Losgröße Eins (15 Prozent).

Optimierter Status quo wichtiger als neue Geschäftsmodelle

Alle befragten Unternehmen schätzen das Potenzial von Industrie 4.0 positiv ein. Sie erwarten sich beispielsweise einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz (45 Prozent), niedrigere Produktionskosten (41 Prozent) oder sinkende allgemeine Kosten (40 Prozent). Auffällig ist, dass die Unternehmen den Fokus mehr auf die Verbesserung der aktuellen Prozesse legen als auf das Erschließen neuer, zukunftsträchtiger Geschäftsfelder.

So dominieren Themen wie Effizienzgewinn durch Beschleunigung der bestehenden Prozesse (38 Prozent), bessere Wartung (Predictive Maintenance) und Vernetzung aller Prozessketten mit 36 Prozent, verstärkte Automatisierung und geringere Ausfallzeiten mit 32 Prozent oder eine bessere Auslastung der Maschinen mit 31 Prozent. Weniger wichtig sind kundenzentrierte Maßnahmen (Ausnahme: Höhere Kundenzufriedenheit mit 36 Prozent) und vor allem die Erschließung neuer Optionen. So sind die Werte für neue Service-Angebote (28 Prozent), die Erschließung neuer Businessmodelle wie Pay by Use oder neue Kundenpotenziale mit jeweils 20 Prozent relativ niedrig.

Von Industrie 4.0 erhoffen sich Unternehmen vor allem einen Effizienzgewinn durch schnellere Prozesse, eine bessere Wartung und die Vernetzung aller Prozessketten.
Von Industrie 4.0 erhoffen sich Unternehmen vor allem einen Effizienzgewinn durch schnellere Prozesse, eine bessere Wartung und die Vernetzung aller Prozessketten.