HP-Kunden zwischen den Plattformwelten

01.08.2002
Von Katharina Friedmann

Nach seinen Angaben bleibt es bei dem schon von Compaq mitgeteilten Fahrplan: Demnach wird Open VMS zunächst auf den Alpha-Plattformen EV7 und Alpha EV79 weiterhin verfügbar sein. Daneben arbeitet HP an der Portierung für Intels Itanium-Prozessoren. Ein Early Developers Kit will der Hersteller im ersten Halbjahr 2003 zur Verfügung stellen, die Marktfreigabe von „HP Open VMS“ für die Intel-Architektur ist für Anfang 2004 geplant.

Neue Open-VMS-Version: Hewlett-Packard hat in dieser Woche eine neue Version des Betriebssystems Open VMS vorgestellt. Das „HP Open VMS Alpha V7.3-1“ soll sich durch SAN-Unterstützung, neue Hochverfügbarkeitseigenschaften und höhere Leistung beim SMP-Einsatz auszeichnen. Zu den Highlights des jüngsten Release zählt HP neben der nun auch auf Served Devices erweiterten Failover-Funktionen für Cluster-Umgebungen, doppelter Fibre-Channel-Performance und verbesserten Sicherheits-Features die leichtere Portierbarkeit von Unix-Anwendungen nach Open VMS.

Alpha- und Itanium-Versionen werden nach Wenks Angaben Sourcecode-kompatibel sein. Für den Alpha geschriebene Anwendungen lassen sich entweder per Rekompilierung oder über ein Binary-Translator-Tool auf Intel-Rechnern nutzen. Im letzteren Fall sei allerdings mit geringen Leistungseinbußen zu rechnen.

Was den Support für Open VMS angeht, lehnt sich HP weit aus dem Fenster. Man unterstütze die Plattform „solange, bis der letzte Kunde abspringt“, sagt Wenk. Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, lässt sich gegenwärtig nur schwer abschätzen. So ergab eine internationale Studie des IT-Dienstleisters CSC ein durchwachsenes Bild: Die angeheizte Diskussion um das künftige Betriebssystem-Portfolio nach dem Merger von HP und Compaq habe zu einer „spürbaren Skepsis in Entscheiderkreisen gegenüber Open VMS“ geführt, schreibt Dirk Hackel aus dem E-Business + Technology Center West von CSC Ploenzke.

Das CSC-Team befragte unter anderem internationale Open-VMS-Großkunden aus den Bereichen Finanzen, Luft- und Raumfahrt sowie der Industrie. Mit Ausnahme des Finanzsektors bestätigten Kunden in fast allen Branchen, dass die Installationen von Open VMS zurückgehen. Alte VAX-Rechner aus der Blütezeit von DEC würden zwar auf Alpha-Systeme migriert. Bezüglich Intels-Itanium-Prozessoren hätten viele Kunden aber noch keine Strategie festgelegt. Die neue Hardwareplattform könne auch ein Risiko für die Zukunft von Open VMS darstellen, weil viele Anwender den Wechsel als eine Option betrachteten, die gesamte Betriebssystem-Strategie zu überdenken.

Aus der Sicht von Hardware- und Softwareherstellern ergebe sich hingegen ein positives Bild, so die CSC-Spezialisten: Neben Compaqs Zusagen seien es vor allem große Firmen wie Oracle und Bea, die Open VMS durch ihr Engagement unterstützten. Andreas Zilch von der Kasseler Marktforschungsfirma Techconsult beurteilt die Perspektiven weniger optimistisch. In Deutschland werde HP wohl kaum viele Ressourcen für Open VMS zur Verfügung stellen. Gerade im sehr dynamischen Finanzbereich, der noch immer als einer der wenigen Kernmärkte für das Betriebssystem gilt, würden Plattformen schnell ausgetauscht.