Trends im Sourcing-Markt

Große Wünsche, kleine Budgets

12.07.2018
Von 


Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Sourcing-Strukturen werden immer komplexer – und damit auch ihr Management. Bewältigen können das nur Interne und Externe gemeinsam. Zugleich steigt der Kostendruck in den Projekten weiter an. So lauten die wichtigsten Ergebnisse eines Roundtables in den Räumen der COMPUTERWOCHE.

Dass Outsourcing nicht nur ein Kosten- sondern auch ein Personalthema ist, wurde in diesem Jahr deutlicher als je zuvor. Denn Expertise, die man nicht selbst hat, muss man eben extern dazukaufen. Bemerkenswert auch: "Benötigte Skills" und "benötigte Unterstützung durch externe IT-Spezialisten" ergänzen sich passgenau. Gesucht werden hier wie dort vor allem Fachleute für Security, Software-Design und Projektmanagement. Outsourcing ist also immer auch eine Antwort auf den Personalmangel.

In der Runde diskutierten gemeinsam (v.l.n.r.) Heinrich Vaske (COMPUTERWOCHE), Frank Schwarz (Atos), Thomas Dengler (noventum consulting), Bernd Sauer (Allgeier Experts), Thomas Hoffmann (c-entron software), Jörg Thamm (Horvath & Partner) und Shahin Pour (iPaxx).
In der Runde diskutierten gemeinsam (v.l.n.r.) Heinrich Vaske (COMPUTERWOCHE), Frank Schwarz (Atos), Thomas Dengler (noventum consulting), Bernd Sauer (Allgeier Experts), Thomas Hoffmann (c-entron software), Jörg Thamm (Horvath & Partner) und Shahin Pour (iPaxx).
Foto: IDG/S.Lohmann

Doch auch was man zukauft, muss gemanagt werden. Vor allem Kommunikation und Steuerung werden immer herausfordernder, schließlich sind bei Großunternehmen nicht selten mehr als 100 Cloud-Lösungen im Einsatz. Thomas Dengler von noventum consulting ist der Ansicht, dass viele Unternehmen "heute noch nicht optimal aufgestellt sind, um die vielen Cloud-Dienstleister selbst zu steuern und die Komplexität zu managen. Deshalb werden Service-Provider beauftragt, die das Management dieser Cloud-Services komplett übernehmen."

Dabei ist Zusammenarbeit in der Regel wichtiger als Wettbewerb, nur so lassen sich Brüche zwischen den Dienstleistern vermeiden. Hehres Ziel ist der funktionierende Dreiklang zwischen Standardisierung, Agilität und Kosten. Externe Beratung ist also für fast alle Unternehmen unerlässlich. Dennoch gilt, auch hier war sich die Expertenrunde einig: Niemand kennt die internen Prozesse, die eigene Unternehmenskultur besser als die eigenen Mitarbeiter. "Creating the Business" mit Hilfe von IT, das könne nur intern geschehen.

Was erst recht deshalb gilt, weil die strategische Bedeutung der IT weiterwächst, zugleich aber immer mehr Akteure in entsprechende Entscheidungen hineinreden; egal ob Marketing, Vertrieb, Einkauf oder Risk Management - alle haben "brillante" Ideen und erwarten, damit auch Gehör zu finden.

Die Diskussion rutscht nach oben

Diese Unübersichtlichkeit müssten klassischerweise CIOs managen. Doch viele von ihnen - so eine bemerkenswerte Auffassung der Expertenrunde - sind gar nicht scharf darauf, weitreichende Business-Entscheidungen zu treffen.

Jörg Thamm von Horvath & Partners: "Wir reden zurzeit eher mit dem CEO oder dem CFO, in der Vergangenheit war es typischerweise der CIO. Wir reden über Agilität in der IT, aber es stellt sich die Frage, was Agilität gesamtunternehmerisch bedeutet. In dem Zuge merkt man sehr deutlich, dass die Diskussion eine Ebene höher rutscht und nicht mehr nur ein CIO, sondern ein CEO-Thema ist. Auch die Anforderungen werden andere. Man diskutiert über Prozesse, Digitalisierung oder Automatisierung. Auf Vorstandsebene wird heute in einer Intensität über IT-Themen gesprochen, die vor fünf Jahren noch undenkbar war."

In der Praxis bedeutet das: IT und das damit stets verbundene Sourcing-Thema sind so komplex und zugleich so wichtig, dass hier wichtige Entscheidungen im Zusammenspiel zwischen Unternehmensleitung, IT und Fachbereichen getroffen werden sollten. Und natürlich unterstützt vom externen Dienstleister.

Heute lassen sich über Nacht Ergebnisse erzielen

Solche Unterstützung auch bei strategischen Vorhaben können Externe heute sehr viel unkomplizierter und vor allem schneller leisten, findet noventum-Manager Dengler: "Vor zwei oder drei Jahren noch dauerte die Provisionierung eines Servers Wochen oder gar Monate - heute geht das über Nacht. Damit kann ich natürlich Innovationen schneller antreiben. Ich kann Dinge ausprobieren, mit meinem Fachbereich schneller darüber reden und Ergebnisse produzieren."

Aber auch diese Art der Unterstützung braucht kompetente interne Mitarbeiter. Denn nur wer Ideen und Vorschläge beurteilen kann, trifft anschließend die richtigen Entscheidungen und kommuniziert sie entsprechend. Darüber, aus welchem Holz diese "idealen" Kollegen geschnitzt sein sollten, gehen die Meinungen allerdings auseinander.

Thomas Hoffmann von c-entron software findet, dass sich darüber hinaus die Anforderungen zuletzt geändert haben: "Auf der einen Seite braucht es einen Hochspezialisten, auf der anderen Seite gibt es fünf Leute, die sich einmischen. Vor einigen Jahren hieß es noch: Nur noch Spezialisten! Jetzt lässt sich das so klar nicht mehr sagen, auch weil niemand mehr exakt sagen kann, wie sich die Dinge bis übermorgen entwickeln."

In der aktuellen IDG-Sourcing-Studie waren auch Prognosen gefragt. Und die fußen meist nicht nur auf Ängsten und Hoffnungen, sondern auch auf eigenen Erfahrungen. Besonders deutlich wurde das bei den Antworten nach dem "Sourcing heute und in fünf Jahren". Die meisten Teilnehmer sagten hier, Outsourcing in ferne Länder werde drastisch zunehmen, und sie selbst würden auch bald auch stärker auf Offshoring setzen.

Das Bemerkenswerte daran: Vor fünf Jahren waren die Prognosen ähnlich, erfüllt haben sie sich aber nicht. Stattdessen ist der Anteil der Auslagerungen innerhalb Deutschlands seit Jahren groß und stabil. Die Befragten glauben also (oder sagen dies zumindest), dass sie Jahr für Jahr mutiger werden, bleiben tatsächlich aber eher vorsichtig. Auf die Frage, wie sich Outsourcing in zehn Jahren insgesamt entwickeln wird, sagten knapp 60 Prozent der Studienteilnehmer, es werde zunehmen und für das Business dann noch wichtiger sein als heute. Was vor allem daran liege, dass der Kostendruck weiter steigt.

Gute Qualität kostet Geld

Diesen Eindruck bestätigten die Round-Table-Teilnehmer nachdrücklich, ihrer Ansicht nach haben gerade die (vermeintlichen) Möglichkeiten der Digitalisierung den Umgang mit dem Thema Geld nachdrücklich verändert. So enthielten immer mehr Verträge erfolgsabhängige Variablen, will sagen der Business-Outcome müsse zwingend definier- und messbar sein.

Diese Erfahrung macht auch Shahin R. Pour von iPAXX, der vor allem fehlenden Dialog kritisiert: "Vor zehn bis fünfzehn Jahren habe ich mich ein dreiviertel Jahr vorher mit dem Fachbereichsverantwortlichen zusammengesetzt. Er hat mir seine Pläne erörtert, und ich habe mir Gedanken gemacht, wie und womit ich ihn unterstützen kann. Heute werden drei Unternehmen mit einer Frist von fünf Tagen angeschrieben. Der Text lautet dann sinngemäß: Liefern Sie mir ein Angebot. Es muss hundertprozentig alles berücksichtigen, was uns im Unternehmen Sorgen oder Bedenken bereitet."

Nach Ansicht von Pour fehlt es den Einkaufsabteilungen verständlicherweise häufig an der nötigen Fachexpertise im Hinblick auf die Anforderungen einer Ausschreibung. Sie konzentrierten sich zu sehr auf den günstigsten Preis und zu wenig auf die Qualität des Angebots. "Aber wenn man wirklich Innovatives entwickeln will, muss man den Tunnelblick erweitern und sich für Neues öffnen - sich etwas trauen", so Shahin R. Pour.