Outsourcing im Mittelstand

Fehler sind teuer

26.01.2006
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Attraktiv ist Outsourcing auch, weil man den Aufwand mindern möchte, der im eigenen Unternehmen für die Anwendungsentwicklung sowie den Service und Support von Systemen und Netzen gestiegen ist. Warum Ines Urbanski, Geschäftsführerin des Inkassounternehmens Merkur GmbH mit Sitz in München und Halle, weiterhin aufs Outsourcing schwört, klingt ebenso plausibel. "Weil unsere IT-Bedürfnisse sehr in die Tiefe gehen, werden wir auch in Zukunft Spezialisten in Netzwerken zusammenführen."

Die Firma, deren 23 Mitarbeiter rund 300000 Forderungsfälle betreuen, fährt seit zehn Jahren eine offensive Outsourcing-Strategie und kooperiert bei Hardware, Beschaffung, Administration und Wartung mit insgesamt vier Servicepartnern. "Wir drehen ein großes Rad", sagt Urbanski. Immer dann, wenn ein neuer Vertrag geschlossen werden soll, empfiehlt sie, die sich - wie im Mittelstand üblich - viel lieber per Handschlag und auf Vertrauensbasis einigen würde, sich nicht auf das Fingerspitzengefühl zu verlassen. Sie selbst musste viel Lehrgeld bezahlen. Denn ein ehemaliger Partner verlängerte stillschweigend den Servicevertrag, der aus Urbanskis Sicht aber längst abgelaufen war. "Wir konnten uns auf einen Kompromiss einigen", erinnert sich die Unternehmerin, "ein Rechtsstreit hätte uns organisatorisch aufgefressen."

Pacta sunt servanda: Sich ums Klein-Klein in den Verträgen zu kümmern zahlt sich also aus. Urbanski: "Wir vereinbaren präzise, mit welchen Reaktionszeiten wir rechnen können, wenn am Wochenende eine Maschine ausfällt." Andere Firmen, die beispielsweise virtuelle Serverkapazitäten beim Dienstleister nutzen, sollten genau festschreiben, dass ihnen unverzüglich weitere Ressourcen eröffnet werden, sobald das vereinbarte Volumen überschritten wird. "Empfehlenswert ist auch, die gesamte Dienstleistung inklusive Servicezeiten auf Papier abzubilden", sagt Rodgers. Zahlreiche Tools erleichtern die Vertragsgestaltung, werden aber laut Rodgers kaum genutzt.

Tools zur Vertragsgestaltung

Leider ist derlei Vorsorge vielen Mittelständlern unbekannt. Neun von zehn IT-Auslagerungsprojekten, schätzt der Münchener Outsourcing-Berater Torsten Gründer, würden sich ungünstig entwickeln, "weil Unternehmer die vertraglichen Fallstricke unterschätzen." Zwar habe man hohe Ansprüche an die Dienstleistungsqualität, versäume es aber, die wichtige "Funktionskette aus Leistungsmessung, Reporting und Kontrolle vertraglich bindend durchzusetzen". Dabei dreht sich alles um die "Service Level Agreements" (SLA). "SLAs sind nur präzise formuliert wirksam", warnt IT-Beraterin Bolbrügge. Unternehmer sollten unbedingt Dritte in Vertragsverhandlungen einbeziehen, die sich mit den vielfältigen Gefahren auskennen.

Ob sogar eine ausführliche betriebswirtschaftliche Prüfung des Dienstleistungsanbieters, kurz: Due Diligence, angemessen ist, darüber gehen die Meinungen zweifellos auseinander. Auf der sicheren Seite ist laut Bolbrügge zumindest, wer Berater und Juristen neben der Vertragsgestaltung auch zur Konfliktlösung mit ins Boot holt. Für Rechtsanwalt Manfred Better vom Münchener Consult Forum sollten sich Mittelständler gemeinsam mit ihren Partnern vertraglich verpflichten, im Falle von Streitigkeiten "zunächst einen Mediator oder Gutachter zu Rate zu ziehen, bevor es zu einem Rechtsstreit kommt".

Diese SLAs sind wichtig

• Zu welchen Zeiten und in welchem Umfang muss der Servicepartner eine definierte Leistung erbringen?

• Wie wird mangelhafter Service sanktioniert?

• Wie verständigen sich die Vertragsparteien im Falle unerwarteter Störungen und Konflikte?

• Wann ist ein Mediations- beziehungsweise Schlichtungsverfahren angezeigt, um eine gütliche Einigung herbeizuführen?

• Wann sollten die Parteien Rechtsmittel ergreifen?

• Unter welchen Bedingungen ist der Ausstieg aus dem Vertragsverhältnis angezeigt?