Uncool

Die peinlichsten Momente der IT-Geschichte

02.12.2010
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Manche Produkte, Präsentationen und Personen sind einfach zu peinlich, um ernst genommen werden zu können. Auch und gerade in der IT-Branche.

Richtige Coolness zeichnet sich dadurch aus, dass ein Unternehmen sich selbst oder sein Produkt nicht allzu offensichtlich auf "cool" zu trimmen versucht. Wer mit allen Mitteln versucht, etwas cool zu machen, wird es garantiert nicht schaffen. Je größer die Anstrengungen, desto größer und peinlicher der Schaden.

In diesem Sinne hat JR Raphael von unserer kanadischen Schwesterpublikation IT World Canada die zehn uncoolsten und peinlichsten Momente der IT-Geschichte zusammengetragen, in denen Unternehmen bei dem Versuch, cool und angesagt zu sein, gnadenlos scheiterten:

Für'n A****: MSI versucht virales Marketing

Notebook-Hersteller MSI versuchte im vergangenen Jahr, auf den Web-2.0-Zug aufzuspringen und stellte ein nicht gekennzeichnetes Video bei Youtube ein, das den Eindruck erweckte, einige studentische Hobbyfilmer hätten in ihrer freien Zeit nichts anderes zu tun gehabt, als sich selbst bei extravaganten sportlichen Übungen zu filmen. Inhalt des Videos: Drei junge Erwachsene in blauer Elastan-Ganzkörper-Sportbekleidung bewerfen sich gegenseitig mit Notebooks, um diese mithilfe einer rückwärtigen Körperöffnung aufzufangen. Ziel von MSI war es wohl, die superdünnen Ausmaße ihrer X-Slim-Notebooks aufzuzeigen. Die Beliebtheit von Bekloppten-Fersehshows a la "Jackass" tat ihr Übriges dazu, virales Marketing auf diese erbärmliche Art und Weise zu versuchen. Was auf den ersten Blick vielleicht noch ganz lustig anmutet und in heruntergewirtschafteten, oberflächlichen TV-Formaten wie "Verstehen Sie Spaß" mit viel gutem Willen auch noch ankommen mag, stellte sich innerhalb der angesprochenen Zielgruppe jedoch als großer Flop dar: Niemand wollte (gleich, ob vor oder nach dem Konsumieren des Spots) die X-Slim-Notebooks kaufen.

Sony gibt ein schlechtes Vorbild

Wo wir gerade über Flops schreiben: Auch Sony hat ein solches Desaster erlebt - sogar so schlimm, dass es sich später dafür bei seinen Kunden entschuldigen musste. Es geht um ein Blog, das das Unternehmen im Jahr 2006 von einer Marketingfirma aufsetzen ließ. Darin bloggte ein Teenager - genauer gesagt ein Sony-Mitarbeiter, der sich als Teenager ausgab und über nichts anderes schrieb als seinen sehnlichen Wunsch, für sich und seine Kumpel eine Sony Playstation Portable (PSP) zu Weihnachten geschenkt zu bekommen. Als wenn dieses Lügengebilde nicht schon groß genug gewesen wäre, fing ein vorgeblicher Cousin des angeblichen Teenagers auch noch an, ihn mit einem eigens geschriebenen PSP-Rap zu unterstützen, der in sprachlich wertvollen (?) Textzeilen noch einmal die Vorzüge des Sony-Geräts herausstellte: "Games so crazy / they totally amaze me / gotta ask my mom for one / fo' shizzy". Als clevere Surfer schließlich auf die Idee kamen, die für das Blog registrierte Domain - alliwantforxmasiapsp.com - auf ihren Eigentümer zu überprüfen, flog die Geschichte auf. Die von Sony beauftragte Werbeagentur Zipatoni (heute Rivet) hatte sich erst gar nicht die Mühe gemacht, den Betrug bis zum Ende auszuführen und die Adresse auf eine Privatperson zu registrieren, sondern sich selbst ins Namensverzeichnis eintragen lassen.

Sony blieb nichts anderes übrig, als daraufhin auf dem Blog eine offizielle Richtigstellung zu hinterlassen. Einige Tage später waren jedoch sowohl das Blog als auch all die schönen, aufwendig produzierten Heimvideos aus dem Netz verschwunden (wer sie trotzdem noch einmal sehen möchte, möge bitte archive.org aufsuchen). In einem Zeitungsinterview mit BusinessWeek nannte Sonys PR-Chef David Karraker die Aktion später "eine Marketing-Idee, die sehr schlecht umgesetzt wurde."