Darauf sollten Sie bei Abo-Modellen achten

Der Weg in die Subscription Economy ist steinig

30.07.2018
Von 
Oliver Viel ist Director Marketing & Business Development der HPI-Ausgründung Seerene GmbH in Potsdam.
Das Anbieten von digitalen und realen Produkten im Abonnement, ist auch in Deutschland merklich auf dem Vormarsch. Doch die Umstellung hat es durchaus in sich - technisch, aber auch auf Seiten der Businesss-Strategie.
  • Mit den Methoden des klassischen Produktgeschäfts lässt sich kein Subscription-Modell umsetzen
  • Modulare Systeme sind zwingend, sonst werden Veränderungen schwierig
  • Die Individualität der Angebote für Abo-Kunden ist eine technische und logistische Herausforderung

Keine Frage, das Verbraucherverhalten hat sich geändert. War es bislang normal, ein Produkt in einer einzelnen Transaktion zu kaufen und dann auch zu besitzen, werden heute immer mehr Produkte als Dienstleistungen in Form von Abonnements zugänglich gemacht. Für Unternehmen liegen die Vorteile des Subscription-Business auf der Hand: Sie haben berechenbare Umsatzströme und einen stetigen Kontakt zum Kunden. Außerdem können sie das Kundenverhalten besser erfassen, was wiederum zu mehr Upselling-Chancen führt.

Im Mediengeschäft sind Subscriptions schon lange nichts Besonderes mehr. Doch inzwischen möchten auch andere Branchen ihre Kunden langfristig binden und ihr Verhalten genauer kennenlernen.
Im Mediengeschäft sind Subscriptions schon lange nichts Besonderes mehr. Doch inzwischen möchten auch andere Branchen ihre Kunden langfristig binden und ihr Verhalten genauer kennenlernen.
Foto: Kaspars Grinvalds - shutterstock.com

Das Subscription Business wächst äußerst stark. McKinsey spricht in einer aktuellen Studie bezogen auf die USA von einem Wachstum von 100 Prozent in jedem der vergangenen fünf Jahre. Schon deshalb ist es für immer mehr Unternehmen interessant, über entsprechende Abo-Angebote nachzudenken.

Am Anfang geht es nicht um Technik

Vor allem, wenn es um die Umstellung eines konventionellen Produktgeschäfts oder gar eines komplett analogen Business geht, ist die Einführung eines Subscription-Modells eine grundlegende strategische Entscheidung. Am Anfang steht daher selten die Technik im Vordergrund, und das ist auch gut so.

In der strategischen Entscheidungsfindung geht es zunächst darum, den augenfälligen Vorteilen der planbaren Einnahmen durch Subscriptions die Risiken und Herausforderungen gegenüberzustellen. So wollen Abo-Kunden, anders als traditioneller Produktkunden, immer wieder von der bezogenen Leistung überzeugt werden - nicht nur einmalig bei Vertragsabschluss. Darüber hinaus muss das Preismodell funktionieren und es gilt, eine neue Art von Marketing zu lernen, das gezielt für ein Wachstum der Abonnenten-Gemeinde sorgt und gleichzeitig Kunden bei der Stange hält.

Es gilt also zunächst, eine neue Geschäftskultur entstehen zu lassen und die Folgen einer Umstellung möglichst komplett im Voraus zu durchdringen. Hat man diese Vorarbeiten geleistet, stellt die Umsetzung vor allem eine technische Herausforderung dar. Spezifische Prozesse, Aufgaben und Logistikherausforderungen müssen adressiert werden, um das neue Geschäftsmodell für die IT-Infrastruktur handhabbar zu machen und für Kunden angenehm und reibungslos abzubilden.

Der Umstieg auf Subscription-Modelle verlangt breites Umdenken

Auf welche Hauptprobleme stoßen Unternehmen bei der technischen Implementierung? Welche Fallstricke gilt es zu umgehen? Marco Sarich, Geschäftsführer von keylight, einem Implementierungspartner der Subscription-Technik Zuora, hat Antworten. "Grob betrachtet geht es darum, das Umdenken von der Business-Seite durch maßgeschneiderte IT-Systeme abzubilden und alle entstehenden Prozesse über flexible Schnittstellen in die bestehende Infrastruktur einzubinden. In einem Subscription Business müssen dabei viele wichtige Elemente eines Unternehmens von Marketing-Kommunikation über Verkauf, Vertragsgestaltung, Delivery und Rechnungslegung neu gedacht und technisch anders unterstützt werden", beobachtet Sarich.

Sarich warnt davor, ein Subscription-Modell mit der Methodologie eines klassischen Produktgeschäfts umzusetzen. Dann würden schnell traditionelle ERP-Systeme verbogen, falsche Metriken betont und Chancen zur Automatisierung verspielt.

Eine moderne Subscription-Architektur muss komplexe Vorgänge über verschiedene Geschäftsbereiche hinweg verarbeiten, die noch dazu in Echtzeit eine Vielzahl von Folgeprozessen auslösen. Diese Vorgänge, etwa Vertrags- und Statusänderungen, Service-Aktivierung, Rechnungslegung und Buchhaltung, laufen nicht selten gleichzeitig in Sekundenbruchteilen ab - das ist für viele Unternehmen ungewohnt.

Subscription-Problem Systemintegration

Nur selten unterschätzt ein Unternehmen den Aufwand, ein Subscription-System einzurichten. Man integriert hierbei ja nicht kleines Feature, sondern ein komplettes Unternehmen. Viele Teilsysteme müssen konsistent miteinander verbunden, teilweise auch noch neu etabliert werden. Hier gilt es, die Systeme flexibel und offen zu verlinken. Sie müssen bei Bedarf modular sauber trennbar sein, ohne dass das Gesamtsystem gefährdet wird.

Nur so bleiben Flexibilität und Erweiterbarkeit möglich. Systeme können, gerade wenn sie sich über Jahre organisch entwickelt haben, Veränderungen so schwer werden lassen, dass eine notwendige Anpassung an Markt und Kunden unmöglich wird. Doch gerade bei der Verarbeitung von Subscription-Prozessen, die in Echtzeit oft mehrere Geschäftsbereiche und Systeme berühren, wird eine anspruchsvolle, Event-getriebene Systemarchitektur benötigt.

Während größere Unternehmen durch den Einsatz eines Enterprise Service Bus oftmals Einzelmodule vor ungewollter Verfilzung der Datenströme schützen, zeigt sich in kleineren Betrieben mitunter ein gefährlicher Trend: Die Interaktionen einzelner Systemteile werden intransparent und die Integrität und Unabhängigkeit der Module gerät in Gefahr.

Brandaktuell: Das neue Buch von Zuora-Gründer Tien Tzuo beschreibt, warum sich der Übergang ins Subscription-Zeitalter lohnt und wie er gelingt.
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Das mag eine Weile - unter Schmerzen - gutgehen. Irgendwann wird dann aber in der Regel ein aufwändiger Change-Prozess nötig, der es Entscheidern erlaubt, schrittweise Klarheit und Flexibilität wiederherzustellen. Mitunter müssen das System neu aufgesetzt und alle Daten mühsam migriert werden, um den Neuanfang zu schaffen.

Flexibilität ist aber nicht nur eine Forderung im Hinblick auf eine saubere Systemarchitektur - sie ist auch wirtschaftlich relevant. Sie garantiert in dynamischen Märkten Zukunftssicherheit. Flexibilität ist allein schon notwendig, um mit dem System die von der Business-Seite notwendigen Strategiewechsel abbilden zu können. Letztlich kann man nur mit einem flexiblen Angebot dem Kunden gegenüber attraktiv und damit wettbewerbsfähig bleiben.