Vier schwarze Schwäne
Schwarze Schwäne tauchen in unterschiedlicher Gestalt auf. Es lassen sich vier Prototypen unterscheiden.
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Der "frühe" Schwarze Schwan erlebt die Kostenexplosion bereits in der Spezifizierungsphase. Dieser Anstieg kann auch im Projektverlauf nicht mehr aufgefangen werden. Also ist dies der Projekttyp, der am Ende die höchsten Kostenüberschreitungen aufweist. Aus Sicht von McKinsey wäre es sinnvoll, hier sofort die Reißleine zu ziehen: "Aber kaum jemand hat den Mut, diese Projekte in einem derart frühen Stadium zu canceln", weiß Laartz aus Erfahrung. Stattdessen versichere man sich gegenseitig, die Kosten im Projektverlauf schon wieder einsparen zu können: "In den Köpfen der Projekt-Manager ist eben ein unrealistisches Risikoprofil gespeichert."
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Der "typische" Schwarze Schwan" macht sich erst in der Design-Phase bemerkbar. Dort steigen die Kosten durchschnittlich um das Dreifache des geplanten Budgets an, bleiben aber in der Folge stabil. Das bedeutet am Ende immer noch exorbitante Überschreitungen um die 300 Prozent.
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Das "umgedrehte hässliche Entlein" heißt so, weil es am Anfang hübsch aussieht und nach Erfolg riecht. Dass es sich um einen Schwarzen Schwan handle, bleibe lange unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, sagt Laartz. Erst in der Entwicklungsphase offenbare sich, dass anfangs nicht sauber gearbeitet wurde - beispielsweise dann, wenn sich Randbedingungen ändern oder die Integration in die IT-Umgebung ansteht. Häufig unterschätze das Projektteam auch die Zahl der Use Cases. Werden solche Spezifikationsfehler erst nachträglich evident, kostet ihre Korrektur Zeit und Geld.
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Der "verhungernde" Schwarze Schwan ist der bereits erwähnte Projekttyp, der unter Budget bleibt - aber nur, weil die angepeilten Ziele kontinuierlich verringert werden. So ergibt sich trotz der günstigen Kostenentwicklung ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.
- So kommen Sie groß raus ... oder?
Sie möchten, dass Ihre Projekte zäh verlaufen, weil Sie sich damit in der Firma profilieren können? Dann folgen Sie den Ratschlägen von Jürgen Rohr. - Tipp 1
Setzen Sie die Verantwortlichen unter Termindruck. Mit engen Terminen stellen Sie sicher, dass möglichst wenige Betroffene ins Boot geholt werden. Damit vermeiden Sie die sowieso unnötigen Diskussionen um Meinungs- sowie Wahrnehmungsunterschiede. - Tipp 2
Starten Sie mit einer problem-orientierten Ist-Analyse. Fragen Sie immer zuerst danach, was nicht gut läuft. Damit fokussieren Sie die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf die Schwächen der Organisation. Sie stellen sicher, dass niemand auf die Idee kommt, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. - Tipp 3
Geben Sie möglichst kein zusammenfassendes Feedback. Halten Sie die Betroffenen im Unklaren. Das fördert zwar die Gerüchteküche, hält aber den Änderungsaufwand für die Konzeptionierer gering. Sie erhalten schon mit dem ersten Wurf ein Konzept aus einem Guss - ohne lästige und zeitaufwändige Anpassung an unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten. - Tipp 4
Lassen Sie das Konzept ohne Beteiligung der Betroffenen ausarbeiten. Hier können Sie Aufwand und Budget einsparen. Jeder Betroffene wird mit seinen individuellen Ansichten sowieso nur das Konzept verwässern. Außerdem: Wenn ein Außenstehender den Sollzustand konzipiert, kommt endlich frischer Wind in die Organisation. - Tipp 5
Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 PowerPoint Slides. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta! - Tipp 6
Planen Sie keine Zeit für die Überarbeitung des Konzepts ein. Das wäre ja noch schöner: Sie planen knapp bei Budget und Terminen und wollen sich den Erfolg nicht durch unplanbare Überarbeitungsaufwände vermiesen lassen. Denn jede Überarbeitungsschleife würde den schönen Entwurf zerstören. - Tipp 7
Schränken Sie die Zugriffsrechte auf neue Tools möglichst stark ein. Ganz wichtig: Wenn Sie im Rahmen der Organisationsentwicklung neue Werkzeuge (zum Beispiel ein IT-System) einführen, achten Sie darauf, dass niemand außer den Konzeptionierern in der Lage ist, die Werkzeuge anzupassen. - Tipp 8
Lassen Sie die Betroffenen beim Umsetzen des Konzepts alleine. In diesem Punkt gilt das Motto: Die Leute werden sich schon umgewöhnen. Durch die Unterstützung während der Umsetzungsphase könnte wiederum das sorgfältig ausgearbeitete Konzept verwässert werden. Das ist unbedingt zu vermeiden. - Tipp 9
Vermeiden Sie persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten. Stellen Sie sich vor, was Sie hier an Reisekosten einsparen können. Diskussionen können auch per E-Mail geführt werden. Das spart richtig Geld. - Tipp 10
Betrachten Sie jegliches Feedback als persönliche Kritik. Wenn jemand mit einem Feedback zu Ihnen kommt, will er damit eigentlich sagen, dass Sie Ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das wirkt sich schlecht auf Ihr Selbstwertgefühl aus.