Woran denken Sie beim Begriff "Schwarzer Schwan"? An einen idyllischen Teich? Die Oscar-prämierte Leistung der Schauspielerin Natalie Portman? Oder an die Wuppertaler Dichterin Else Lasker-Schüler, die sich selbst gern so titulierte? Der Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb bezeichnete als "Black Swan" eine seltenes und unvorhersehbarer Ereignis, das eine unverhältnismäßig große negative Wirkung hervorruft.
McKinsey und die Said Business School der University of Oxford haben sich diesen Begriff ausgeliehen. Mit ihm bezeichnen sie ein Projekt, das sein Budget um mindestens 200 Prozent überzieht und 70 Prozent mehr Zeit verschlingt als geplant. Nach der statistischen Wahrscheinlichkeit - Stichwort: Normalverteilung - sollte das die absolute Ausnahme sein. Die Analysten und Wissenschaftler haben für derart überzogene Projektbudgets eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 0,7 Prozent ausgerechnet.
Aber diese Gesetze gelten offenbar nicht für Projekte im Umfeld der Informationstechnik. Dort ist es 30 mal wahrscheinlicher, dass ein Projekt komplett aus dem Ruder läuft: Zwölf bis 18 Prozent der IT-Vorhaben sind "Schwarze Schwäne", so haben die Management-Beratung und die renommierte Hochschule in langjährigen Untersuchung von rund 1500 Projekten herausgefunden.
Seit vier Jahren arbeitet McKinsey jetzt schon mit dem Lehrstuhl von Professor Bent Flyvbjerg zusammen: Der Oxford-Professor hat eine Methode zur Risikovorhersage in Projekten entwickelt, die sich vor allem in Großbritannien und Dänemark durchgesetzt hat: Dort ist sie für alle öffentlichen Projekte im Infrastrukturbereich verbindlich, sagt Jürgen Laartz, Director im Business Technology Office von McKinsey. Mit dieser "Reference Class Forecasting" genannten Methode lässt sich das Risiko für ein Scheitern des Projekts bereits vor dem eigentlichen Start eingrenzen. Flyvbjergs Arbeit gab denn auch den Anstoß zu der Studie.
- Risiken beim Projekt-Management
Der Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb bezeichnete als "Black Swan" eine seltenes und unvorhersehbarer Ereignis, das eine unverhältnismäßig große negative Wirkung hervorruft. Es lassen sich vier Prototypen unterscheiden: - Schwarzer Schwan 1:
Der "frühe" Schwarze Schwan erlebt die Kostenexplosion bereits in der Spezifizierungsphase. Dieser Anstieg kann auch im Projektverlauf nicht mehr aufgefangen werden. Also ist dies der Projekttyp, der am Ende die höchsten Kostenüberschreitungen aufweist. Aus Sicht von McKinsey wäre es sinnvoll, hier sofort die Reißleine zu ziehen: "Aber kaum jemand hat den Mut, diese Projekte in einem derart frühen Stadium zu canceln", weiß Laartz aus Erfahrung. Stattdessen versichere man sich gegenseitig, die Kosten im Projektverlauf schon wieder einsparen zu können: "In den Köpfen der Projekt-Manager ist eben ein unrealistisches Risikoprofil gespeichert." - Schwarzer Schwan 2:
Der "typische" Schwarze Schwan" macht sich erst in der Design-Phase bemerkbar. Dort steigen die Kosten durchschnittlich um das Dreifache des geplanten Budgets an, bleiben aber in der Folge stabil. Das bedeutet am Ende immer noch exorbitante Überschreitungen um die 300 Prozent. - Schwarzer Schwan 3:
Das "umgedrehte hässliche Entlein" heißt so, weil es am Anfang hübsch aussieht und nach Erfolg riecht. Dass es sich um einen Schwarzen Schwan handle, bleibe lange unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, sagt Laartz. Erst in der Entwicklungsphase offenbare sich, dass anfangs nicht sauber gearbeitet wurde - beispielsweise dann, wenn sich Randbedingungen ändern oder die Integration in die IT-Umgebung ansteht. Häufig unterschätze das Projektteam auch die Zahl der Use Cases. Werden solche Spezifikationsfehler erst nachträglich evident, kostet ihre Korrektur Zeit und Geld. - Schwarzer Schwan 4:
Der "verhungernde" Schwarze Schwan ist der bereits erwähnte Projekttyp, der unter Budget bleibt - aber nur, weil die angepeilten Ziele kontinuierlich verringert werden. So ergibt sich trotz der günstigen Kostenentwicklung ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.