IT-Orakel

Das erwarten die Analysten für 2010 - Part 2

31.12.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Verstopfen unsere Breitbandnetze?

Frage: Werden die Breitbandnetze angesichts der wachsenden Video-Flut bald an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen?

Foto: Forrester Research

Ian Fogg (Forrester): Die größte Herausforderung für die Breitband-Festnetze ist nicht die Technik, sondern das Geschäftsmodell. Die Verbraucher schauen immer mehr Internet-Videos an. Falls sich daraus Gewinne für die Provider ergeben, werden diese Firmen in die Netzkapazität investieren, und es wird keine qualitätsmindernde Überlastung eintreten. Falls die ISPs allerdings keine ausreichenden Einkünfte erzielen sollten, könnte die Überlastung ein Problem werden und Verbraucher an die Grenze ihrer Breitbandverbindung stoßen. Jedoch wird es bei mobilen Breitbandverbindungen, bei denen Nutzer das Netz ihres Handys verwenden, um mit dem Laptop zu surfen, zu immer größeren Kapazitätsproblemen aufgrund der Wireless-Technik kommen.

Dan Bieler (IDC): Es wäre falsch zu behaupten, dass die Breitbandnetze per se an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die wirklichen Engpässe sind die letzte Meile im Festnetzbereich und das mobile Internet. Video und IPTV werden daher auch schwerpunktmäßig dort gepuscht, wo die Kapazitäten verfügbar sind, wie zum Beispiel bei IPTV-Angeboten der Telekom-Firmen oder bei gemanagten Video-Conferencing-Lösungen für Geschäftskunden. YouTube-typische Anwendungen auf dem PC oder dem Mobile Handset werden vorerst "best effort" bleiben.

Foto: Steve Janata

Steve Janata (Experton Group): Wie schon in der Vergangenheit werden auch in den nächsten fünf Jahren keine signifikanten Kapazitätsprobleme auf uns zukommen - trotz des hohen Video- und Musikanteils am Internet-Traffic. Moderne Content-Delivery-Networks (CDN) leiten den Traffic auf kürzeren Wegen durch das Netz und optimieren somit Bandbreitennutzung und Quality-of-Service für den Nutzer. Derzeit wird schon ein Großteil des Video-, Music- und Premium-Contents über CDN ausgeliefert. Die Investitionsaktivitäten seitens der Telefonkonzerne, Venture Capitalists und Cloud Anbietern (Amazon) werden CDN zu einem zentralen Thema der kommenden Jahre machen - speziell da CDN-Infrastruktruren maßgeblich in die zukünftigen Geschäftsmodelle "Paid Content" und "Werbung" integiert sein werden. Sämtliche große Telcos und andere Player kaufen entweder CDN-Anbieter, vereinbaren Partnerschaften (DTAG, Telefonica) mit ihnen, oder lizenzieren deren Technik. Ohne diese CDNs wird in Zukunft nichts mehr laufen, da die Content-Besitzer und Werbetreibenden nur zahlen werden, wenn die Performance stimmt. Herkömmliche Netze allein würden der Datenflut nicht Herr werden.

Foto: Gartner

Fernando Elizalde (Gartner): Wenn wir nur 2010 betrachten, sind die Netzanbieter in einer guten Position, die Bandbreiten-Ansprüche erfüllen zu können. Die meisten Anbieter haben ihre Netze mit aktueller Technik aufgerüstet beziehungsweise sind momentan dabei, dies zu tun. Die Telcos bewegen sich in Richtung VDSL- und FTTH-Techniken, während sich die Kabelanbieter mit DOCSIS 3.0 beschäftigen und bereits Services mit 100 Mbps anbieten. Die Verfügbarkeit schneller Breitbandservices wird auch 2010 weiter anwachsen. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass vor 2015 ein Massenmarkt für die Highspeed-Services entstehen wird, da die Nachfrage für diese Angebote erst ab 2012 stärker anziehen wird. Allerdings wird die digitale Spaltung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten größer werden.