Bayerns Polizisten warten auf "Diplaz"

18.01.2006
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Von funktionalen Mängeln der Software will Benscheidt nichts wissen: "Den internen Betriebstest haben wir bereits im Dezember 2004 bestanden." Derzeit befinde sich das Projekt kurz vor Abschluss des Modellpiloten. Es fehlten nur noch einige Massen- und Belastungstests. Dazu werde im Augenblick das Gesamtsystem mit einem 24-Wege-HP-Superdome-Server und einer Oracle-Datenbank getunt. Sei der Modellpilot abgenommen, folge der Flächenpilot, in dem 14 Polizeipräsidien mit der neuen Software arbeiten sollen.

Auch das zuständige Innenministerium in München weist die Kritik der Polizisten an Diplaz als weit überzogen und in Teilen unsachlich zurück. Der geforderte Kauf einer Alternativsoftware sei weder fachlich sinnvoll noch vergaberechtlich möglich. Da die betriebskritischen IT-Verfahren der Polizei hohe Anforderungen an Rechnerleistung und Verfügbarkeit stellten, habe das Ministerium auf HP-UX als zentrale Plattform in der Ausschreibung beharrt. Dies sei nachträglich nicht zu ändern. Da P&I in der Nutzwertanalyse die höchste Punktzahl erreicht habe, könne man auch den Zuschlag nicht anfechten. Das Vergabeverfahren sei ordnungsgemäß abgeschlossen worden. Schließlich habe keiner der unterlegenen Bieter Rechtsmittel dagegen eingelegt.

Ministerium droht mit Strafen

Mit dem Projektverlauf scheint man jedoch auch im Ministerium alles andere als zufrieden. Laut einem bereits modifizierten Zeitplan hätte der Software-Rollout bereits im Juni 2005 abgeschlossen gewesen sein sollen, heißt es in einem Bericht. Da jedoch die zeitwirtschaftlichen Regelungen unzureichend umgesetzt seien, musste ein neuer Zeitplan aufgestellt werden. Dieser sah ursprünglich vor, den Flächenpiloten im Oktober 2005 zu starten. Allerdings hätten die Funktionstests im Modellpiloten Nachbesserungsbedarf ergeben. Das Bayerische Landeskriminalamt habe P&I aufgefordert, die Fehler zu analysieren und zu beseitigen. Man rechne nun mit einem Echteinsatz von Diplaz im ersten Quartal 2006. Sollte es einen weiteren Verzug geben, drohten Vertragsstrafen.