Entwicklerkonferenz F8

AR, VR und KI – Facebook will mehr Nutzer in sein Social Network locken

19.04.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Ein intelligentes Smartphone, das Bilder und Sprache erkennt, und Nutzern das Tor in virtuelle Welten öffnet. Facebook baut mit Hochdruck an seiner mobilen Plattform und will sein Social Network mit Features rund um Augmented- und Virtual Reality sowie Künstlicher Intelligenz anreichern. Dafür sollen auf der Konferenz F8 die Entwickler begeistert werden.

Auf ihrer Entwicklerkonferenz F8, die am 18.und 19. April im kalifornischen San Jose stattfindet, haben die Facebook-Verantwortlichen ihren 10-Jahres-Plan, den sie bereits im vergangenen Jahr präsentiert hatten, weitestgehend bestätigt. Das Social Network, das weltweit derzeit rund 1,9 Milliarden Menschen in seiner Online-Community vereint, setzt vor allem auf mobile Endgeräte, um seine Plattform global noch weiter zu verbreiten. Dabei helfen sollen vor allem neue Features für virtuelle Welten, Augmented Reality (AR) sowie Künstliche Intelligenz (KI).

Facebook Headquarter
Facebook Headquarter
Foto: Shutterstock.com - Malgara

So hat Facebook den rund 4000 Besuchern auf der F8 unter anderem seine Arbeiten an einer neuen AR-Plattform präsentiert. Mit Hilfe des Entwicklungs-Frameworks "AR Studio" ließen sich dem Anbieter zufolge Szenarien entwickeln, in denen virtuelle Elemente wie Grafiken, Zeichnungen und Masken oder Schriftzüge in reale Bilder eingeblendet werden, die Nutzer über die Kamera in ihren mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets betrachten. Beispielsweise ließen sich Kunstwerke auf bestimmten Wänden in einer Stadt anzeigen beziehungsweise Zusatzinformationen zu bestimmten Gegenständen, die ein Nutzer über die Kamera seines mobilen Device ansieht.

Konkurrenzkampf mit Snapchat wird schärfer

Die von Facebook vorgestellten Features gleichen Funktionen der Foto-Sharing App Snap von Snapchat. So gehen Experten denn auch davon aus, dass Facebook hier bewusst den Wettbewerb forciert und den Konkurrenten angreift, den man einst übernehmen wollte. 2012 wollte Facebook-Chef Mark Zuckerberg die damals noch vergleichsweise wenig bekannte Snapchat-App für rund drei Milliarden Dollar kaufen, biss jedoch bei den Snapchat-Gründern Evan Spiegel und Robert Murphy auf Granit. Seit März dieses Jahres ist Snapchat an der Börse notiert und wird nach einem furiosen Start sowie dem darauf folgenden Absturz immer noch mit einem zweistelligen Milliarden-Dollar-Betrag bewertet - trotz eines Verlustets von mehr als einer halben Milliarde Dollar im vergangenen Jahr. Facebooks neue AR-Features machten sich Snap-Funktionen zu eigen, erweiterten das Ganze, um schließlich den Konkurrenten zu zermalmen, prognostiziert Patrick Moorhead, Principal Analyst von Moor Insights & Strategy.

Mark Zuckerberg, Gründer und Chef von Facebook, knüpft sich Snapchat vor, das Unternehmen, das vor Jahren sein Übernahmeangebot ausschlug.
Mark Zuckerberg, Gründer und Chef von Facebook, knüpft sich Snapchat vor, das Unternehmen, das vor Jahren sein Übernahmeangebot ausschlug.
Foto: IDGNS

Die AR-Entwicklungsumgebung steckt Facebook-Angaben zufolge aktuell noch in der Betaphase und wird von einem handverlesenen Entwicklerkreis getestet. Zuckerberg kündigte auf der F8 an, dass aus AR Studio eine offene Entwicklungsplattform für Augmented Reality wachsen soll, die im Laufe der Zeit mit immer weiteren Funktionen und Features angereichert würde. Der Facebook-Gründer denkt an dieser Stelle langfristig. Es sei nicht damit zu rechnen, dass Facebook hier eine Vielzahl an AR-Features quasi über Nacht entstehen lassen könnte. Vielmehr brauche es Zeit, die Plattform weiter zu entwicklen. Außerdem müsse man Geduld haben, bis die Entwickler anfingen, damit zu arbeiten.

Mit Freunden im virtuellen Raum abhängen

Neben Augmented setzt Facebook auch auf Virtual Reality (VR). Vor rund drei Jahren schluckte der Social-Network-Betreiber für über zwei Milliarden Dollar das Unternehmen Oculus, den Hersteller der VR-Brille "Oculus Rift". In der Folge bemühten sich die Facebook-Verantwortlichen, neue Einsatzszenarien für die VR-Brille zu entwickeln, um mehr Nutzer für virtuelle Welten zu begeistern. Im Gespräch waren beispielsweise neue Filmerlebnisse beziehungsweise das Eintauchen in Spielewelten. So richtig zündeten diese Initiativen bis dato allerdings nicht. Das Thema VR blieb weitestgehend ein Nischenthema.

Das soll sich in Zukunft ändern. Facebook hat eine überarbeitete Version der App "Spaces" vorgestellt, die der Internet-Riese bereits auf der F8 im vergangenen Jahr präsentiert hatte. Spaces soll Virtual Reality via Oculus-Brille und das Social Network verbinden. Nutzer könnten damit einen Avatar im virtuellen Raum erschaffen und sich dort auch mit anderen Personen treffen. Über das in der Oculus-Rift-Brille integrierte Mikrofon könnten sich alle Beteiligten unterhalten. Ferner sei es möglich, sich in der virtuellen Realität zu bewegen und auch mit zuvor gezeichneten Gegenstände zu hantieren. Beispielsweise könnten die Avatare mit einem Selfie-Stick Fotos von sich und der Gruppe machen, die sich dann wiederum im Social Network teilen ließen. Wer keine VR-Brille besitzt, kann über die Video-Call-Funktion im Facebook Messenger an Spaces teilnehmen.

Facebook Spaces
Facebook Spaces
Foto: Facebook

Um Belästigungen und Verunglimpfungen im virtuellen Raum vorzubeugen, lassen sich derzeit nur Personen in Spaces einladen, mit denen man im Social Network verbunden ist, hieß es von Seiten Facebooks. Außerdem ist die Zahl der Teilnehmer aktuell noch auf vier Personen beschränkt.

KI läuft direkt auf dem Smartphone

Darüber hinaus hat Facebook mit Caffe2 ein neues Framework für die Entwicklung von KI-Funktionen angekündigt. Das Open-Source-Toolkit ist speziell für die Nutzung auf mobilen Endgeräten ausgelegt und soll Entwickler in die Lage versetzen, mit vergleichsweise geringem Aufwand KI-Funktionen wie beispielsweise Bild-, Text- und Spracherkennung oder Chatbots zu programmieren, die dann wiederum in andere Apps eingebunden werden könnten. Caffe2 nutzt dafür Facebook-Angaben zufolge die in den Smartphones und Tablets verbauten Rechenkapazitäten wie beispielsweise die integrierten Grafikeinheiten wie Adreno GPUs (Graphic Processing Unit) und die Hexagon DSPs (Digital Signal Processor) in den Snapdragon-Chips von Qualcomm. Bis dato waren die Leistungsanforderungen von KI-Funktionen für mobile Devices zu hoch. Entsprechende KI-Aufgaben wurden daher über das Netz an Data Center im Backend weitergereicht dort verarbeitet und die Ergebnisse zurück auf das Device gespielt.

Caffe2 ist der Nachfolger des KI- und Machine-Learning (ML)-Framework Caffe. Die Ursprungsversion war in erster Linie darauf ausgelegt, in Rechenzentren zu laufen und dort Muster in Bilddaten aufzuspüren und zu erkennen. Die neue Version soll deutlich schneller arbeiten als der Vorgänger. Das hätten eigenen Angaben zufolge Benchmarks von Intel, Qualcomm und Nvidia ergeben.

Alles hängt an den Entwicklern

Der Erfolg der neuen Initiativen von Facebook wird maßgeblich davon abhängen, inwieweit es den kalifornischen Networkern gelingt, Entwickler für ihre Plattformen und Frameworks zu begeistern. Um diesen die Nutzung der neuen Tools zu einfach wie möglich und auch die Entwicklung effizienter zu machen, hat Facebook eine Reihe von Hilfestellungen angekündigt. So sollen Entwickler beispielswiese leichter Bewegungsdaten von Nutzern in ihren Apps verwenden können. Lokalisierungsinformationen sollen sich über eine neue Places Graph API (Application Programming Interface) auslesen und in andere Entwicklungen implementieren lassen.

Darüber hinaus will Facebook die Vernetzung innerhalb der Entwickler-Community forcieren. Im Rahmen des Developer Circles Program sollen Entwickler ihre Skills laufend erweitern können. Dafür soll es beispielsweise auch lokale Offline-Events geben, die von Mentoren für bestimmte Themen betreut würden. Facebook hat darüber hinaus eine Partnerschaft mit Udacity angekündigt, einem Serviceanbieter für Onlinekurse. Im Rahmen der Kooperation sollen spezielle Trainingsprogramme rund um die Facebook-Plattformen und -Angebote entstehen und weiter verbreitet werden.