Die Qual der Wahl bei Portal-Software

Zwischen Intranet und Enterprise-Portal

11.09.2003
Von von Jan

Daneben kann ein Intranet Funktionen wahrnehmen, die weitaus komplexer sind und darauf abzielen, die Arbeitsabläufe in einem Unternehmen zu optimieren. So lässt sich durch Datenbankanbindungen zum Beispiel ein zentrales Adressbuch oder ein einfaches Dokumenten- Management-System (DMS) realisieren. Jedoch ist der Portalkenner Thorsten Gurzki vom Competence Center Electronic Business Integration des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) der Meinung, dass mit einem Intranet noch nicht die optimalen Effekte erzielt werden: „Intranets spielen für mittlere Unternehmen eine große Rolle, es muss aber der Sprung zu den Portalen gemacht werden." Erst die Vorteile eines Portals - Single-Sign-On, Integration der Anwendungen in eine einheitliche Oberfläche und Prozessorientierung - bringen aus seiner Sicht ernsthafte Einsparungen durch schlankere und schnellere Arbeitsabläufe. „Mittelständische Unternehmen haben es bei der Portaleinführung wesentlich einfacher als die Konzerne", meint Gurzki. Die Entscheidungswege seien deutlich kürzer, der Überblick über die gesamte Organisation sei besser möglich als bei Großunternehmen. Zudem müssten deutlich weniger unterschiedliche Anwendungen in das Portal eingebunden werden.

„Keep it simple"

Grundsätzlich steht für den Portalexperten der Prozess im Vordergrund, der integriert werden soll. „Für jeden einzelnen Prozess, der in einem Portal abgebildet werden soll, muss eine eigene Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgen." Auch müsse separat geprüft werden, ob das aus technischer Sicht sinnvoll ist. So sei beispielsweise beim Thema Groupware eine genaue Analyse des Anwenderbedarfs wichtig: „Müssen viele Außendienstmitarbeiter unterwegs auf Web-basierende Gruppenkalender oder Ähnliches zugreifen, kann es durchaus sinnvoll sein, diese Anwendungen in das Portal einzubinden", erläutert Gurzki. Damit werde der Zugriff auf diese Daten erleichtert. Hat die überwiegende Zahl der Mitarbeiter jedoch einen festen Platz im Unternehmen, von dem aus der Zugriff auf E-Mail, Kalender und Adressen erfolgt, sei ein gängiges Programm wie Microsoft Outlook oder Lotus Notes auf jeden Fall vorzuziehen. Diese Anwendungen sind funktional mächtiger. „Man darf auf keinen Fall davon ausgehen, dass alle Prozesse wirtschaftlich sinnvoll in einem Portal abgebildet werden können", macht Gurzki deutlich. Sein Rat: „Keep it simple!" Dabei dürfe aber auf keinen Fall die genaue Definition der Ziele und der Strategie im Vorfeld vergessen werden.

Auf Wachstum ausgelegt

Noch immer sind Enterprise-Portale recht aufwändig in der Implementierung. Über kurz oder lang sieht Gurzki diese Technologie jedoch als eine Standardkomponente in der IT-Infrastruktur. Deswegen sollte bei der Produktauswahl unbedingt darauf geachtet werden, dass ein Portal erweiterbar ist und langsam mit dem Unternehmen sowie seinen Anforderungen wachsen kann. Der Aufforderung, eine Lösung möglichst einfach zu halten, schließt sich Ralf Siebenbrodt, Leiter IT-Systeme der Verlagsgruppe Praktisches Wissen in Offenburg, an. Die rund 50 Mitarbeiter des auf Fachinformationen für Steuer-, Rechtsund Wirtschaftsberufe spezialisierten Unternehmens greifen derzeit noch auf ein Intranet zu, das auf „Intrexx 2001" von United Planet basiert. Die Ablösung des Systems ist jedoch weitgehend beschlossene Sache, denn Siebenbrodt ist nicht ganz glücklich damit: „Das Produkt ist nur bei einfachen Aufgaben wie dem Veröffentlichen von Telefonlisten leicht zu handhaben. Für große Änderungen, die etwa durch die Corporate Identity bedingt sind, oder für eigene, umfangreiche Anwendungen benötigt man schon gute Programmier- und Datenbankkenntnisse", erläutert der DV-Administrator. Um einen IT-Mitarbeiter für die Administration des Intranets abzustellen, sei der Verlag einfach zu klein.

Er rät für den Einstieg in ein Intranet zu einer rein HTML-basierenden Lösung: „Fast in jedem Unternehmen gibt es einen Windows- 2000-Server. Da ist der Internet- Information-Server immer mit dabei. Und fast jedes Unternehmen hat auch HTML-Knowhow im Haus. So bekommt man eine sehr flexible und auf die eigenen Bedürfnisse angepasste Lösung." Sind keine ausreichenden Kenntnisse im Unternehmen vorhanden, könne man auf freie Web- Designer zurückgreifen. Solange es nur darum gehe, Informationen innerhalb der Firma zu verteilen, sei dieser Weg auch für größere Organisationen machbar.

Siebenbrodt wird allerdings Lotus Notes als Plattform einführen. Er schätzt besonders die Dokumenten- Management-System- Möglichkeiten, die diese Groupware bietet, und kann hierfür auf umfangreiches Know-how zurückgreifen: „Wir sind seit kurzem Teil des Wolters-Kluwer-Konzerns." Die Kollegen dort bringen das Wissen mit, um ein Intranet auf Notes-Basis zu entwickeln.