Vodafone-CIO Ulrich Irnich

Wo Video-Calls an ihre Grenzen stoßen

04.03.2021
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Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.

Welche Rolle spielt die IT bei der neuen Form der Zusammenarbeit?

Ulrich Irnich: Als CIO habe ich natürlich auch großes Interesse daran, wie sich hier die Technik verändert und uns auch in solchen Zeiten immer besser unterstützen kann. Hier sehe ich bei uns zum einen die AR-Garage, die viele Anwendungsbereiche auslotet. Mit der AR-Remote App können herkömmliche Videotelefonate mit Möglichkeiten der direkten Interaktion und Kollaboration über Augmented Reality erweitert werden.

Wie kann Augmented Reality bei Video-Calls helfen?

Ulrich Irnich: Ein Telefonat über die App ermöglicht es beiden Gesprächspartnern/-innen, in die Videoaufnahme hinein Markierungen und Zeichnungen zu setzen, die sich fix am ausgewählten Objekt befinden - auch wenn der Fokus des Videos schwenkt. Die App wird mit dem ersten Pilotkunden getestet und parallel intern bei uns verprobt. So kann die Anwendung weiterentwickelt und auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten werden.

In enger Zusammenarbeit von Vodafone mit dem Kunden werden neue Anforderungen entwickelt und die App wird kontinuierlich verbessert. Wir arbeiten neben der AR-Remote-App noch an der Entwicklung von vielen weiteren, zukünftigen Produkten zum Beispiel im Rahmen der Netzwerkvisualisierung. Diese ermöglicht es in der Zukunft, unnötige Kanalarbeiten zu vermeiden. Denn mithilfe von AR weiß man direkt, was sich unter der Straße befindet. So wird die Lücke zwischen digitalem und physischem Layer geschlossen - durch die Abbildung in einem digitalen Zwilling.

"Dieser Sprung ist gigantisch"

Wie wichtig ist 5G für die Digitalisierung hierzulande?

Ulrich Irnich: Mit dem neuen Mobilfunk-Standard 5G erleben wir eine Revolution der digitalen Möglichkeiten. Das mobile Echtzeitnetz für Anwendungen der Zukunft macht nicht nur enorm schnelle Datenübertragungen möglich. Es sorgt auch für völlig neue Formen der Vernetzung mit weitaus mehr Geräten und weitaus größerer Flexibilität als alle anderen Netze.

5G ist der nächste Schritt in der Entwicklung des Mobilfunks - und dieser Sprung ist gigantisch. Die technischen Daten von 5G beeindrucken. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist so schnell wie beim menschlichen Nervensystem, es geht nur noch um Millisekunden. Daneben ermöglicht der neue Standard auch eine neue Form von Intelligenz. Die Übertragungsleistung lässt sich mittels Network Slicing immer passend zu einzelnen Anwendungen einstellen. Das bedeutet: Das Netz wird in verschiedene Schichten aufgeteilt.

Wie unterscheidet sich der Datenfluss über 5G von seinem Vorgänger?

Ulrich Irnich: 1 Gigabit pro Sekunde und mehr können schon heute über 5G übertragen werden. Denn der neue Standard nutzt Funkfrequenzen etwa dreimal so gut wie 4G. Für die Zukunftsfähigkeit ist zudem die Stärke von 5G entscheidend, möglichst viele Geräte anzuschließen. Die Zahl der Sensoren, Maschinen und Menschen mit Internet-Anschluss wird weiter rasant steigen. Bis zu 50.000 Geräte lassen sich so vernetzen, egal ob im Stadtverkehr, in einem Stadion oder in der Provinz.

Wie viele Menschen haben Sie in Deutschland schon an 5G angeschlossen?

Ulrich Irnich: Noch in diesem Jahr werden 15 statt geplant zehn Millionen Menschen in Deutschland Zugang zu unserem 5G-Mobilnetz haben. Und in einem Jahr dann schon 30 Millionen.

Im Vodafone 5G Lab zeigen Sie verschiedene Showcases, die darstellen, wie 5G funktioniert und welche Innovationen in Zukunft möglich sein werden. Welche zum Beispiel?

Ulrich Irnich: Vernetzte Roboter, die sich völlig synchron aus der Ferne bewegen lassen, ferngesteuerte Autos und natürlich der teleoperierte Kran: Was für viele nach Zukunftsmusik klingt, ist hier schon Realität. Der Fahrer im Lab hat dabei Zugriff auf verschiedene hochauflösende Kameraperspektiven und kann so den Modellkran mit dem Gefühl von 5G in seinen Händen steuern. Die Messkammer ist das Herzstück des 5G Labs. Auf den 20 Quadratmetern der Testing Area erproben die lokalen und globalen Technik-Teams Smartphones, Antennen und Sensoren für das Internet der Dinge - beim 5G-Härtetest.

Worauf sind Sie besonders stolz in diesem Jahr?

Ulrich Irnich: Aus Innovationssicht war das größte Highlight des letzten Jahres das Hologramm-Gespräch von Vodafone Deutschland CEO Hannes Ametsreiter zum Start des ersten 5G-Masts im 5G Mobility Lab. Während in einem Elektro-Kleinbus im 70 Kilometer entfernten Aldenhoven die Journalisten Platz nahmen, um mit Ametsreiter über die neueste Mobilfunkgeneration zu reden, war dieser nicht selbst vor Ort: Er ließ sich als Hologramm dazu schalten.