Great Place to Work 2020 - Sieger

"Wissen und Können müssen zusammenpassen"

03.04.2020
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
QAware entwickelt und repariert Software. Wiederholt wurde das Münchner IT-Projekthaus von Great Place to Work als bester ITK-Arbeitgeber ausgezeichnet – 2020 zum ersten Mal in der Größenklasse der Unternehmen mit 101 bis 500 Mitarbeitern.

Insgesamt haben sich in diesem Jahr 76 Unternehmen als beste ITK-Arbeitgeber platzieren können, allein 30 davon fallen in die Kategorie der IT-Dienstleister mit 101 bis 500 Beschäftigten. Wer hier die Nase vorn haben will, braucht eine gute Arbeitskultur und muss auch seine Personalarbeit immer wieder an den Erwartungen und am Feedback der Mit­arbeiter messen und neu justieren. Die Führungsmannschaft von QAware sieht diese Aufgabe schon seit vielen Jahren als absolut elementar an.

Christian Kamm über verändertes Arbeiten in Zeiten von Corona: Wir haben alle Hilfsmittel nach Hause geschickt: iPads für die virtuelle Zusammenarbeit auf dem Jam-Board, Bürostühle, Bildschirme und Webcams. Bewerbergespräche finden remote statt. Ein Telepräsenzroboter führt die Bewerber ab jetzt virtuell durch unser Büro. Verträge werden mit Docu Sign rechtssicher remote unterschrieben. Virtuelle Kaffeeküchen bieten Raum für spontane Begegnung. Kinder dürfen jederzeit in Videokonferenzen reinschneien und mitbekommen, was die Eltern machen.
Christian Kamm über verändertes Arbeiten in Zeiten von Corona: Wir haben alle Hilfsmittel nach Hause geschickt: iPads für die virtuelle Zusammenarbeit auf dem Jam-Board, Bürostühle, Bildschirme und Webcams. Bewerbergespräche finden remote statt. Ein Telepräsenzroboter führt die Bewerber ab jetzt virtuell durch unser Büro. Verträge werden mit Docu Sign rechtssicher remote unterschrieben. Virtuelle Kaffeeküchen bieten Raum für spontane Begegnung. Kinder dürfen jederzeit in Videokonferenzen reinschneien und mitbekommen, was die Eltern machen.
Foto: QAware

Führungskräfte halten Mitarbeitern den Rücken frei

Personalchefin Christine Böttcher definiert Führung als Dienstleistung: "Führungskräfte sollen den Kollegen den Rücken freihalten, damit sich diese auf ihre Arbeit konzentrieren können." Für das Arbeitsleben haben sie bei ­QAware eine Metapher gefunden, die das Verständnis von Führung und Personalarbeit veranschaulicht: ein Fluss, der sich aus den verschiedensten Quellen speist. Dazu Böttcher: "Wir fragen uns immer wieder, an welchen Stellen können wir durch Lernen und Führung dafür sorgen, dass es genügend Zuflüsse gibt, damit der Flusslauf möglichst breit bleibt. Es gilt, mögliche Quellen zu identifizieren und dann gezielt zu nutzen."

Eine solche Quelle ist das Engineering Camp, in dem sich einmal im Jahr alle 150 Mitarbeiter für drei Tage im oberbayerischen Kloster Seeon treffen, um ein übergeordnetes Thema - in diesem Jahr war es die Produktivität - von allen Seiten zu beleuchten. Die Mitarbeiter reichen im Vorfeld ihre Vorschläge für die Workshops ein, ein Programmkomitee achtet bei der Auswahl darauf, dass alle auf ihre Kosten kommen - Techniker, Berater, Projektleiter und auch Mitarbeiter in Querschnittsfunktionen wie der Verwaltung.

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Bei QAware stehen jedem Mitarbeiter neun Weiterbildungstage pro Jahr zur Verfügung, Quereinsteiger werden fundiert zu Software-Ingenieuren ausgebildet, zudem können sich Entwickler in Open-Source-Projekten einbringen. Ein zwölfköpfiges Team nahm etwa am ­Corona-Hackathon #WirVsVirus teil und arbeitete an einer Software-Lösung, die lokale Läden per Videotelefonie mit ihren Kunden zusammenbringt.

Arbeiten im Flow

Auch dem Wunsch nach selbstgesteuertem Lernen kommt das Unternehmen nach. Zwei Kolleginnen haben sich dafür zu agilen Lerncoaches ausbilden lassen, um den Kollegen in den Lernsprints als Sparringspartner zur Seite zu stehen. "Bei all unseren Initiativen fragen wir uns: Wie erreichen wir, dass sich Arbeit nicht als solche anfühlt, sondern Freude und Sinn erlebbar wird", unterstreicht Personalchefin Böttcher. "Um in den Flow zu kommen, müssen Wissen und Können zusammenpassen. Die Anforderungen dürfen weder zu hoch noch zu niedrig sein. Auch die Arbeits­umgebung muss Flow ermöglichen, bei uns heißt das zum Beispiel arbeiten in Viererbüros mit Noise-Cancelling-Kopfhörern."

Das Engineering Camp ist die zentrale Weiterbildungsveranstaltung für das Unternehmen. 150 Teilnehmer setzten sich an drei Tagen in 70 Workshops und Vorträgen mit dem Thema Produktivität auseinander. Danach ging's zum Kegeln und Schafkopfen.
Das Engineering Camp ist die zentrale Weiterbildungsveranstaltung für das Unternehmen. 150 Teilnehmer setzten sich an drei Tagen in 70 Workshops und Vorträgen mit dem Thema Produktivität auseinander. Danach ging's zum Kegeln und Schafkopfen.
Foto: QAware GmbH

QAware: Zwischen Sicherheit und Selbstständigkeit

Ein Bällebad findet man bei QAware nicht, einen Konzertflügel dagegen schon. Die Idee, ein solches Instrument zu kaufen, entstand beim Engineering Camp. "Bei uns gibt es keine Angebote, die nur auf einen Showeffekt abzielen. Ein Bällebad ist wie ein Eimer Wasser, den man in einen Fluss schüttet", meint Technikchef Josef Adersberger. Die Wirkung sei - wenn es sie denn überhaupt gebe - schnell verpufft.

Als passionierter Entwickler setzt auch Adersberger auf Flow-Situationen: "Dabei gewinnen alle. Dem Unternehmen und seinen Kunden bringt der Flow eine höhere Produktivität, und für die Mitarbeiter fühlt es sich einfach gut an, in einem solchen Zustand zu arbeiten." Schon der Schriftsteller Carl Zuckmayer habe erkannt: "Die einzig dauerhafte Form irdischer Glückseligkeit liegt im Bewusstsein der Produktivität."

Musizieren zur Entspannung: Bei QAware spielen CEO Christian Kamm und andere Mitarbeiter gern zwischendurch am Flügel. Personalchefin Christine Böttcher und CTO Josef Adersberger können sich dennoch gut unterhalten, da Kamm mit Kopfhörer spielt.
Musizieren zur Entspannung: Bei QAware spielen CEO Christian Kamm und andere Mitarbeiter gern zwischendurch am Flügel. Personalchefin Christine Böttcher und CTO Josef Adersberger können sich dennoch gut unterhalten, da Kamm mit Kopfhörer spielt.
Foto: QAware GmbH

Adersberger und seine Führungskollegen haben aber die Erfahrung gemacht, dass solch hochkonzentriertes, erfülltes Arbeiten nur dann gelingt, wenn zum Beispiel Projektleiter ihren Teams den Rücken freihalten. Freiraum sei wichtig, aber ebenso wichtig sei es, die Menschen von unnötigem Ballast zu befreien. Adersberger: "Selbstorganisation hat in unserer Zeit einen hohen Stellenwert. Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass sich Menschen unsicher fühlen, wenn sie auf einmal für alles verantwortlich sind. Darum ist es auch eine wertvolle Aufgabe unserer Führungskräfte, mit Entscheidungen für ein gewisses Maß an Sicherheit zu sorgen. Hier ist es wichtig, das richtige Maß zu finden, da ein Zuviel an Fürsorge Sicherheit ausbremst und Selbstständigkeit nimmt."

DevOps: Mitarbeiter entwickeln neues Geschäftsfeld

Eine weitere wichtige Quelle, aus der sich der Arbeitsfluss bei QAware speist, ist die Teilhabe. Jeden Freitag diskutiert die ganze Firma im (virtuellen) Stuhlkreis über neue Projekte und Themen. "Die Partizipation gilt auch für Themen, die unsere Unternehmensstrategie betreffen. So hat sich eine bunt gemischte Arbeitsgruppe, besetzt mit Experten aus dem Team und nur wenigen Führungskräften, ein Jahr lang intensiv mit dem Thema DevOps auseinandergesetzt", sagt CEO Christian Kamm. "Mit dem Ergebnis, dass wir unser Leistungsportfolio angepasst haben: Künftig übernehmen wir die volle End-to-End-Verantwortung für unsere Systeme, inklusive Betrieb - wenn es gewünscht ist, auch rund um die Uhr." So habe der Dienstleister das eigene Leistungsportfolio auf Initiative der Mitarbeiter erweitert.

Auch in Sachen Wachstumsstrategie habe QAware nachjustiert, sagt Kamm: "Wir wachsen zwar seit Anfang 2020 wieder stärker, aber nur dank Projekten, die auch zu uns passen. Wachstum ist kein Wert an sich für uns. Vom Dogma des nur linearen Wachstums, das wir uns vor zwei Jahren verordnet hatten, sind wir wieder ein Stück abgerückt. Heute wollen wir uns als Unternehmen so entwickeln, wie es für uns leicht geht. Dabei orientieren wir uns am Bedarf und natürlich an unseren Mitarbeitenden."

Great Place to Work 2020: Zum Sonderheft

Die besten ITK-Arbeitgeber stellen sich in unserem Online-Special und in dem Heft der Sieger vor und erzählen, für welche Bewerber sie Jobs haben, was sie ihnen bieten und warum die Mitarbeiter, die schon an Bord sind, die Arbeitskultur schätzen.

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Foto: IDG