Wer privat surft, riskiert den Job

18.07.2005
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Viele Großunternehmen wie Siemens, Deutsche Post und Allianz beschränken die Nutzung von Internet und E-Mail auf dienstliche Zwecke. Bei der Post regeln eine Richtlinie und eine Betriebsvereinbarung, dass private Mails nur innerhalb des Konzerns, aber nicht an Dritte versandt werden dürfen. Das Internet ist laut Konzernsprecherin Stefanie Danne ein reines Arbeitsmittel: "Dies schließt die Nutzung von Ebay, Weblogs etc. in der Regel aus. Nur Nutzer, die vom Vorgesetzten ausdrücklich die Notwendigkeit bestätigt bekommen haben, erhalten überhaupt einen Zugang." Auch die Allianz sagt Nein zum privaten Surfen am Arbeitsplatz und weist ihre Mitarbeiter darauf hin, dass die Verbindungsdaten protokolliert und aus Revisionsgründen gespeichert werden. Besteht ein begründeter Verdacht auf private Nutzung, wird kontrolliert, sagt Sprecherin Gesa Walter. Bevor arbeitsrechtliche Sanktionen

eingeleitet werden, versuche der Vorgesetzte in einem Gespräch mit dem Betroffenen, das Fehlverhalten zu klären.

In den meisten, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist die private Nutzung von E-Mail und Internet am Arbeitsplatz nicht offiziell geregelt, sondern wird stillschweigend toleriert. Das funktioniert, solange es der Firma gut geht. Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht an der Fachhochschule Farnkfurt am Main, beobachtet jedoch, dass Unternehmen gezielt nach Verstößen im Bereich Internet und E-Mail suchen, wenn sie etwa Mitarbeiter entlassen wollen. Ins Visier gerieten oft ältere Mitarbeiter, während junge leistungsstarke Kollegen unbehelligt blieben.

"Jeder Tastendruck ist eine öffentliche Postkarte"

Der Softwareentwicklerin Inken Wanzek wurde wegen einer privaten Mail, die sie im Siemens-Mitarbeiternetz NCI verschickt hatte, gekündigt. In dieser bedauerte sie den Selbstmord einer ehemaligen Kollegin, die einen von Siemens vorgelegten Aufhebungsvertrag unterschrieben hatte, obwohl das Unternehmen ihr wohl nicht wirksam hätte kündigen können. Wanzek rief dazu auf, sich umeinander zu kümmern, miteinander zu reden, damit es nicht zu weiteren Unglücksfällen komme. Siemens fühlte sich verunglimpft, verlor aber den Prozess am Arbeitsgericht München und musste die Kündigung zurückziehen.

Arbeitsrechtler Wedde warnt die Beschäftigten vor einem sorglosen Umgang mit den neuen Medien: "Die meisten Mitarbeiter wissen nicht, dass jeder Tastendruck mit der entsprechenden Software identifizierbar ist. Jede E-Mail ist wie eine öffentliche Postkarte, die man abschickt. Wer private Dateien auf Firmen-Notebooks oder PDAs ablegt, sollte sich im Klaren sein, dass er sie nicht unwiderbringlich löschen kann." So hat ein Arbeitgeber in Frankfurt am Main gelöschte Dateien und Dateiverzeichnisse auf einem Notebook wiederherstellen lassen und aufgrund dieser Daten nochmals die fristlose Kündigung des Mitarbeiters begründet.