Haftung des CIO

Wenn der Lizenzgeber zweimal klingelt

18.11.2010
Von Jürgen  Dierlamm

Strafrechtliche Haftung

Nach deutschem Strafrecht kann immer nur eine natürliche, strafmündige Person zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden. Eine juristische Person kann sich nicht strafbar machen. Wenn also ein Unternehmen durch Unterlizenzierung eingesetzter Software gegen das Urheberrechtsgesetz verstößt - wer wird in diesem Fall bestraft?

Paragraf 106 UrhG (Unerlaubte Verwertung) bezieht sich auf eine "Vorsatzstraftat". Das setzt voraus, dass derjenige, der die Tat begeht, dies wissentlich und mit Absicht tut. Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tatbegehung ist ausgeschlossen. Und verfolgt wird die Tat nur auf Antrag des Rechteinhabers. Damit sind hohe Hürden aufgebaut, bevor der Staatsanwalt auf Antrag eines Lizenzgebers beziehungsweise Softwarehauses ein Strafverfahren einleitet. Trotzdem kommt es immer wieder vor.

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Nehmen wir an, dass in einer mittelständischen GmbH nur 800 PCs über Lizenzen eines Office-Programmpakets verfügen, das jedoch von 1000 PCs genutzt wird. Weist die Staatsanwaltschaft nach, dass die Geschäftsführung die Lizenzrechtsverstöße vorsätzlich - etwa um Kosten zu sparen - begangen oder in Kauf genommen hat, wird es ungemütlich für den IT-verantwortlichen Geschäftsführer: Er steht im Verdacht, sich strafbar gemacht zu haben, indem er mit Wissen und ohne Einwilligung des Rechtsinhabers ein geschütztes Werk vervielfältigt hat.

Anders sieht es aus, wenn das Vorstandsmitglied nichts von dem Lizenzverstoß gewusst hat, der Vorsatz also nur auf einen seiner Mitarbeiter, beispielsweise den IT-Leiter, zutrifft. Kann der sich nicht "entschulden", also beispielsweise nachweisen, dass er nur eine Anordnung befolgt hat, so wird seine "Strafbarkeit" geprüft.

Diese Entschuldung von unten nach oben ist eine Frage der Organisation im Unternehmen. Gibt es Lizenz-Management-Policies und konkrete Arbeitsanweisungen oder nicht? Die Antwort auf diese Frage ist in diesem Zusammenhang entscheidend.