Verbindungs-Ratgeber

Wenn das WAN das LAN ausbremst

05.05.2009
Von Hadi Stiel
In LANs ist Bandbreite kein Problem. Ganz anders sieht die Situation im Weitverkehrsnetz (WAN) aus. Unternehmen müssen sich darauf einstellen.

Die Entwicklung in den LANs ist der in den WANs weit voraus. Das gilt für alle Ebenen des OSI-Modells, von den Leitungen bis hinauf zu den Anwendungen einschließlich ihres Service-orientierten Managements. Besonders frappant sind die Überkapazitäten der LAN-Verkabelung. "Die Hersteller passiver Komponenten sind weit über das Ziel, genauer gesagt den Bedarf, hinausgeschossen", kommentiert Mathias Hein, freier IT-Berater in Neuburg an der Donau. Die Verkabelungsindustrie träume mittlerweile von 40 und 100 Gigabit/s via Ethernet. Dabei könnten diese Hersteller nicht einmal glaubhafte Anwendungen anführen, die einen Bandbreitenbedarf von 1 Gigabit/s an den Endgeräten schaffen würden, moniert Hein. Wie sehr Vermarktung und Bedarf auseinanderdriften, macht das Beispiel Gigabit Ethernet deutlich. Vor zwölf Jahren herausgekommen, ist dieser Endgeräteanschluss nur in wenigen Unternehmen und dort lediglich in ausgesuchten Bereichen mit Echtzeit-Videoapplikationen im Einsatz.

Hein zieht eine Parallele zu hochspekulativen Finanzprodukten: "Nach oben wird die Luft bekanntlich dünner. Der Absturz, in diesem Fall überdimensionierter Verkabelungsversuche, ist damit nur noch eine Frage der Zeit." Der geplante ISO-Standard für die FA-Klasse stehe in den Sternen. "Und dort", so Hein, "gehört er auch hin." Bereits in der EA-Klasse ist nicht einmal die ISO-Standardisierung für die aktiven Komponenten abgeschlossen. Hein: "Das liegt unter anderem daran, dass sich US- und EU-Fraktion im Standardisierungsgremium mit UTP (Unshielded Twisted Pair) und STP bekriegen." An sich standardisierte Switch- und Router-Systeme liefen so mangels verbindlicher Vorgaben Gefahr, ins proprietäre Zeitalter zurückzufallen.

Wie wenig die überdimensionierten Verkabelungsofferten zum realen Bedarf der Unternehmen passen, wird an den WAN-Schnittstellen überdeutlich. "Hier müssen sich die meisten Unternehmen, selbst dort, wo sich der Verkehr zwischen Hauptstandorten ballt, mit Leitungsbandbreiten von weniger als 10 Mbit/s bescheiden - ein Viertausendstel des LAN-Traums 40 Gigabit Ethernet", berichtet Jörg Fischer, Leiter für strategische Geschäftsentwicklung bei Alcatel-Lucent in Deutschland. Er sieht im Anschlussbereich mit Fiber-to-the-Building respektive Fiber-to-the-Home, kurz: FTTx, den WAN-Bereich aufholen: "FTTx hält immerhin 100 Mbit/s und mehr vor." Allerdings gehe das Aufholen langsam und konzentriere sich vorerst auf Ballungszentren wie Köln, München, Hamburg und Frankfurt am Main: "Bei WAN-Endgeräteanschlüssen wie DSL ist derzeit VDSL das Höchste der Gefühle."