Telekom-Milliardengrab VDSL

Wann löst die Glasfaser endlich DSL ab?

28.08.2008
Von Gerhard Kafka
Die Tage von DSL scheinen gezählt. Von Deutschland einmal abgesehen, beginnt eine vorsichtige Absatzbewegung in Richtung Glasfaser.

Auf dem FTTx Summits in Berlin sorgte Dov Zimring, DSL Forum Ambassador, für einen Paukenschlag: Das ADSL Forum benennt sich in das "Broadband Forum" um. Unter dem neuen Namen will sich die Organisation künftig nicht nur um die breitbandige Datenübertragung per DSL kümmern, sondern sich auch verstärkt der Glasfaser zur Überbrückung der letzten Meile widmen. Eine Entscheidung, die deutlich zeigt, dass sich die Hochzeiten von DSL ihrem Ende zuneigen.

Die Tage der DSL-Modems scheinen gezählt: Selbst das DSL-Forum widmet sich verstärkt dem Thema Glasfaser.
Die Tage der DSL-Modems scheinen gezählt: Selbst das DSL-Forum widmet sich verstärkt dem Thema Glasfaser.

Signale, die hierzulande wohl noch nicht angekommen sind. In Deutschland diskutiert man unter dem Slogan "Breitband für alle" noch darüber, ob die in die Jahre gekommene DSL-Technik flächendeckend für jedermann ausgebaut werden soll, während andere europäische Länder bereits einen Schritt weiter sind. In Schweden sind an die zumeist als offene Plattform realisierten City-Netzwerke mit über 3,5 Millionen Kilometer verlegter Glasfaser rund 1,3 Millionen Kunden angeschlossen. Das entspricht einer Penetration von knapp unter zehn Prozent. Weltweit liegt Südkorea in Sachen Glasfaser mit einer Penetration von über 35 Prozent nach wie vor einsam an der Spitze. Und unser Nachbarland Frankreich arbeitet derzeit an einer gesetzlichen Vorgabe, wonach Neubauten mit mehr als 25 Wohnungseinheiten künftig einen Glasfaseranschluss erhalten müssen.

Für Alf Henryk Wulf, stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei Alcatel-Lucent Deutschland, ist deshalb Bandbreite in Glasfasernetzen kein limitierender Faktor mehr. Beispielsweise liefert sein Unternehmen passive optische Zugangsnetze mit Gigabit-Geschwindigkeit (Gigabit Passive Optical Network = GPON) aus. Diese bieten in der Spitze Bandbreiten bis zu 2,4 Gbit/s Richtung Kunde und 1,2 Gbit/s in Richtung Netzzentrale. "In der Praxis werden sich bis zu 64 Nutzer diese Bandbreite teilen", so Wulf, "woraus sich effektiv aber Bandbreitenangebote von 100 Mbit/s und mehr pro Teilnehmer ergeben."

Die Deutsche Telekom setzt dagegen weiterhin auf das alte Kupferkabel. Mit dem vieldiskutierten und umstrittenen Ausbau der Infrastruktur durch die Verlegung von Glasfasern bis in die Kabelverzweiger (KVZ) und die Versorgung der Teilnehmer mit ADSL2+ beziehungsweise VDSL2 sollen bundesweit in den Ballungsgebieten Datenraten bis zu 50 Mbit/s bereitgestellt werden. Damit möchte die Telekom nicht nur ihren Wettbewerbern den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung erschweren, sondern vor allem ihren Kunden mit dem IPTV-Angebot Entertain von T-Home interaktives Fernsehen in höchster Qualität offerieren. Dass sie mit dieser Strategie die Wettbewerber geradezu dazu animieren, gleich selbst die zukunftssichere Glasfaser zu verlegen, scheinen die Entscheider in Bonn erst langsam zu bemerken. Nach jüngsten Äußerungen scheint Telekom-Boss René Obermann langsam auch mit der Glasfaser zu liebäugeln - zumindest legen das die Ausbaupläne bis 2014 nahe.

In den alten Bundesländern haben einige innovative Stadtnetzbetreiber ihre Chance erkannt und bieten ihren Kunden Glasfaseranschlüsse mit Datenraten bis zu 100 Mbit/s sowie Triple Play Dienste für typischerweise um die 50 Euro pro Monat an. Zu diesen Anbietern zählen unter anderem Mnet in München, Hansenet in Hamburg, Wilhelm.tel in Norderstedt, die Stadtwerke Schwerdte sowie Netcologne in Köln.

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Unter dem Strich sind sich die Experten einig: Die Tage der Kupferdoppelader sind gezählt. Breitbandnetze auf Glasfaserbasis werden das Nervensystem moderner Volkswirtschaften bilden. Auf der letzten Meile stehen dabei neben FTTC (Fiber to the Curb) und FTTB (Fiber to the Building) die Lösung FTTH (Fiber to the Home) zur Diskussion. Die bisher praktizierten Hybridlösungen mit der Kombination von Glasfaser und Kupfer sollen künftig durch reine Glasfaseranschlüsse direkt in der Wohnung abgelöst werden. Für die Realisierung von FTTH stehen grundsätzlich drei verschiedene Varianten zur Verfügung: PON, aktives Ethernet und Ethernet als Punkt-zu-Punkt Verbindung. In einem realistischen Beispiel, so rechnet Heiko Bonn, Business Development Carrier bei Alcatel-Lucent, vor, liegen die Kosten bei einer GPON-Lösung bei rund 1.350 Euro pro Kunde. Bonn stützt sich bei seiner Berechnung auf folgende Annahmen: Eine Region in einer deutschen Großstadt hat 20.000 Haushalte, davon 10.000 Kunden in 2.160 Gebäuden, und vier bis fünf Kunden pro angeschlossenes Gebäude verteilen sich über eine Gesamtfläche von vier Quadratkilometern. (hi)