Weiterbildung ist eine Holschuld

09.05.2006
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

"Unternehmen müssen sich klar sein, dass Mitarbeiter um die 50 noch gut 15 Jahre im Haus sein werden. Die Frage lautet deshalb: Was muss der Arbeitgeber tun, um diese Leute für die nächsten Jahre so zu qualifizieren, dass er von ihrer Arbeit profitieren kann?", empfiehlt Michelbrink. Gefragt sei ein Umdenken: "Es wird immer wichtiger, dass Weiterbildung nicht nur als Anerkennung für geleistete Arbeit, sondern als natürlicher und kontinuierlicher Entwicklungsprozess verstanden wird."

Unternehmen müssen umdenken

Die Inhalte müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer untereinander aushandeln: Die Firmen seien in der Pflicht, genauer als bisher zu ermitteln, für welche Qualifikation es künftig Bedarf im Unternehmen gebe, die Mitarbeiter müssten klarer artikulieren, in welche Richtung sie sich entwickeln wollen. "In einem solchen Dialog lassen sich dann Vereinbarungen treffen, die beiden Seiten nützen", ermuntert der Personalfachmann.

Ralf Karabasz, Synergie: "In einem Alter ab 45 Jahren kommt man mit den klassischen Seminaren nicht mehr weiter."
Ralf Karabasz, Synergie: "In einem Alter ab 45 Jahren kommt man mit den klassischen Seminaren nicht mehr weiter."

Für ältere IT-Mitarbeiter verschärft sich das Problem. "In einem Alter ab etwa 45 oder 50 Jahren kommt man mit den klassischen Seminaren nicht mehr weiter", schildert Ralf Karabasz, Geschäftsführer vom Synergie-Network, einem Verbund eigenständiger Personal- und Organisationsentwicklungs-Unternehmen. Als Experte für Weiterbildung der Zielgruppe von 50 aufwärts - "50-plus" genannt - warnt er davor, die älteren Mitarbeiter wahllos auf klassische Seminare zu verteilen. "Dort treffen sie auf Jüngere, die beweglicher und fachlich fitter sind. In diesem Umfeld können sie ihre größere Erfahrung, ihre Systemkenntnisse und ihren Umgang mit Komplexität nicht zur Wirkung bringen", sagt Karabasz. Zudem seien ältere Arbeitnehmer oft auf Rollen festgelegt: als Abteilungs-, Gruppen- oder IT-Projektleiter.

Rolle als Mediator zu gering geschätzt

Auch deshalb seien klassische Seminare nicht geeignet für Ältere. Eher böten sich spezielle Trainings an, die für die Rolle des Coaches, Wissensvermittlers oder Mediators qualifizieren. Auch Weiterbildungsexperte Karabasz fordert ein Umdenken: "Wir brauchen eine Rollenveränderung, um langjährige Erfahrungen nutzbar zu machen und bewährtes Wissen für die Unternehmen zu erhalten." Die Unternehmenskultur stehe dem allerdings noch entgegen: "Die Rolle als Coach oder Mediator gilt als Machtverlust - nicht als etwas Positives. Hier muss sich noch einiges in den Unternehmen ändern. Wenn es darum geht, die Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter zu erhalten oder wieder neu zu schaffen, sind wir noch ganz am Anfang dessen, was möglich ist."