Weiterbildung ist eine Holschuld

09.05.2006
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Während ältere Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zumindest einen begrenzten Einfluss auf ihre eigene Fortbildung hätten, sehe es für Arbeitssuchende noch schlimmer aus: "Es ist heute noch die Regel, auch qualifizierte ältere Beschäftigungslose mit 20 Leuten in eine Klasse zu stecken und klassische IT-Schulung mit ihnen zu machen - ich halte das für respektlos", schimpft der Bildungsfachmann.

Online-Coaching hilft älteren IT-Profis

Gerade mit Lernenden ab 50 sei ein respektvoller Umgang gefragt, der auf ihre Geschichte und Erfahrungen eingeht. Karabasz berichtet von einem Seminar für ältere Arbeitssuchende, das auch virtuelle Lernmodule und Online-Coaching integrierte. "Die Akzeptanz war wesentlich höher. Einige Stunden individuelles Online-Coaching sind viel effektiver als ein Drei-Tages-Seminar im Klassenraum." Technisch und inhaltlich seien solche Lernformen längst kein Problem mehr. Aber es müsse vermehrt nach neuen Ansätzen gesucht werden, die Lebenswege und -umstände der Arbeitslosen einzubeziehen. "Technische Lösungen und Mittel sind vorhanden - es fehlt aber noch an der Bereitschaft der Ausbildungsinstitute", bemängelt der Synergie-Mann.

Stefan Grunwald, Cert-IT: "Die Mitarbeiter müssen ihre persönliche Entwicklung selbst in die Hand nehmen."
Stefan Grunwald, Cert-IT: "Die Mitarbeiter müssen ihre persönliche Entwicklung selbst in die Hand nehmen."

Am Arbeitsplatz soll das vor etwa drei Jahren eingeführte APO-Konzept (Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung) für permanente Fortbildung sorgen. Ursprünglich hervorgegangen aus dem Bündnis für Arbeit und der Debatte um Greencard und IT-Fachkräftemangel, könnte sich die Qualifizierung am Arbeitsplatz nun als Mittel für lebenslanges Lernen erweisen. Zumindest stützt sich das Modell auf einen breiten Konsens: An der Planung waren Politik, Gewerkschaften, Industrie- und Handelskammern, der IT- und Branchenverband Bitkom, Bildungsträger und das Fraunhofer- Institut für Software und Systemtechnik beteiligt.

Lernen am realen Projekt

Das Prinzip: In realen Projekten am Arbeitsplatz sollen sich Mitarbeiter während ihres gesamten Berufslebens weiterqualifizieren und bundesweit anerkannte Zertifikate erwerben können. Der Mitarbeiter bewährt sich am Arbeitsplatz in anspruchsvollen Projekten, dokumentiert sie und stellt sich danach der Prüfung bei der Zertifizierungsstelle Cert-IT. Ganz nebenbei könnte das Fortbildungsmodell ein wenig Ordnung in die mehr als 400 IT-Berufsbezeichnungen bringen. Von 29 Ausprägungen des "IT-Spezialisten", der auf den IT-Ausbildungsberufen oder vergleichbarer Berufserfahrung ansetzt, über den "operativen Professional", der dem Niveau des Bachelor-Abschlusses entspricht, bis zum "strategischen Professional" als Äquivalent zum Master-Abschluss eröffnet die APO-Qualifikation innerbetriebliche Fortbildungsmöglichkeiten für IT-Fachkräfte.