Telecom-Markt: Wettbewerber in der Hängematte

10.05.2002
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Negativbeispiel: Teilnehmeranschlussleitung

Anschaulichstes Beispiel dürfte in diesem Zusammenhang das Problem der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) im Ortsnetzbereich gewesen sein, bei dem die Reg TP im März vergangenen Jahres den Preis der monatlichen Miete für andere Marktteilnehmer von 12,20 Euro senkte, gleichzeitig der Telekom aber auferlegte, im Zuge eines so genannten Line Sharings die Kupferleitung auf der viel zitierten letzten Meile zum Kunden getrennt nach dem jeweiligen Aufkommen im Sprach- und Datenverkehr zu berechnen. Dies sollte den Wettbewerbern ermöglichen, sowohl bei Telefongesprächen im Ortsnetz als auch beispielsweise bei breitbandigen DSL-Internet-Anschlüssen wirtschaftliche Angebote zu entwickeln.

Genau dies jedoch war, jedenfalls nach Lesart der Telekom-Konkurrenten und nach Lage der Dinge auch objektiv, nicht möglich. Zum einen fiel die vom Regulierer angeordnete TAL-Preissenkung um nur eine Mark nach Ansicht der meisten Experten viel zu gering aus, zum anderen nutzte die Telekom ihrerseits die Weisung der Reg TP, um mit offiziellem Segen des Regulierers entsprechende Bündel- und Dumping-Angebote zu machen. Mit großem Erfolg, wie die derzeit rund 2,3 Millionen verkauften T-DSL-Anschlüsse der Bonner zeigen. Gleichzeitig war dies jedoch ein Bärendienst an der weiteren Marktentwicklung, denn für die privaten Carrier lohnt sich in Zeiten wie diesen nur die Akquise der teuren ISDN- und DSL-Anschlüsse, um darauf ihre spezifischen Mehrwertdienste und Angebote setzen zu können.

Line-Sharing neuer Rettungsanker?

Erst vor kurzem auf der CeBIT kündigte Reg-TP-Präsident Matthias Kurth nun, was das umstrittene Kupfer auf der letzten Meile angeht, eine Art Frontbegradigung an. So darf die Telekom ab sofort von ihren Wettbewerbern nicht mehr als 4,77 Euro pro Monat verlangen, wenn diese im Wege des so genannten Line Sharings nur einen Teil der von der Telekom gemieteten TAL nutzen, nämlich den, auf dem nur Daten übertragen werden. Doch die Kritik der vermeintlichen Nutznießer kam prompt: Zu viel zum Leben, zu wenig zum Sterben, hieß es in Hannover sinngemäß bei Anbietern wie QSC und Riodata, wobei das Wort Sterben bei letztgenannter Company aufgrund einer inzwischen angemeldeten Insolvenz einen besondern Beigeschmack hat.

Und so hat man es im Bereich breitbandiger Internet-Zugänge sowohl im Geschäftskunden- als auch im Privatkundensegment mit einem Problem zu tun, das letztlich typisch für die gesamte Wettbewerbslandschaft im Festnetz ist: Die Kunden sind nur zu einem Wechsel bereit, wenn der private Anbieter besser und billiger ist und nach Möglichkeit auch noch ein besseres "Branding" als der margentafarbene Riese hat, der mit seiner Dominanz im Markt ungebrochen dasteht. Die erforderlichen Investitionen in den Netzausbau, das Marketing und den Kundenservice können jedoch, so besagte "Wirtschaftswoche"-Analyse, "nur noch wenige finanzstarke Gesellschaften" aufbringen. Mit Ausnahme des Marktführers und Ex-Monopolisten fehlt dem gesamten Markt, wie es ein renommierter Branchenexperte anonym gegenüber der CW ausdrückte, "die Kalkulationsgrundlage".