Telecom-Markt: Wettbewerber in der Hängematte

10.05.2002
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Viele Anbieter blasen zum Rückzug

Für den nüchternen Marktbeobachter indes ist die Sache eindeutig: Vier Jahre nach der Marktöffnung bläst ein Großteil der Branche zum - zumindest partiellen - Rückzug. Vor allem im Festnetzgeschäft, wo 1998 mit Call-by-Call und kurze Zeit später mit Preselection im Fernbereich quasi der Urknall des Wettbewerbs ertönte. Namen wie Teldafax, Viatel, Callino, Star Telecom und Firstmark stehen inzwischen für Pleiten, prominente Anbieter wie Debitel und Talkline haben ihre Aktivitäten im Festnetz ganz oder teilweise eingestellt. Lediglich drei Festnetzanbieter, die ihren Fokus stark auf Geschäftskunden richten, konnten sich bis dato nennenswert im Markt postionieren: Colt Telecom, Worldcom und BT Ignite. Doch auch die haben, wie jüngste Geschäftszahlen belegen, Schwierigkeiten.

Der überwiegende Mehrheit der einst über 350 lizenzierten Carrier kämpft, wie die "Wirtschaftswoche" in einer kritischen Branchenanalyse schon vor einigen Monaten feststellte, "in der Nische ums Überleben". Nirgendwo sonst auf der Welt sei ein TK-Markt so zersplittert, außer dem "Vollsortimenter" Arcor und den eben genannten Carriern im Business-Kunden-Segment gebe es im Festnetzbereich kaum einen Herausforderer, der auch annähernd Gewicht in die Waagschale werfen könne.

Jetzt stecken die Privaten in einem Teufelskreis, aus dem es kaum noch ein Entrinnen gebe. Der Grund ist einfach und frappierend zugleich: Call by Call und Preselection haben, wie Experten ironisch kommentieren, ihre Schuldigkeit in den ersten Jahren des "freien Marktes" längst getan, gelten jetzt als Auslaufmodelle, mit denen kein Kunde mehr margendeckend hinter dem Ofen hervorzulocken ist. Immerhin hat die Telekom bei Ferngesprächen so deutlich wie nirgendwo sonst an Marktanteilen verloren. Wenn sich nun die Spreu vom Weizen trenne, sei auch das eine "normale Marktentwicklung".

Bei dieser Argumentation wird jedoch vielfach vergessen, dass dies nur der Anfang eines auf die komplette Marktöffnung ausgerichteten Szenarios war. Denn weitaus ernüchternder, um es zurückhaltend zu formulieren, sieht es in anderen Segmenten des deutschen TK-Marktes aus. Die Tatsache, dass die Telekom bei Ferngesprächen massiv Federn lassen musste, wurde nämlich teuer erkauft. Vor allem die vielen kleinen Wettbewerber waren und sind es, die einem ruinösen Preiskampf Tribut zollen mussten. Binnen drei Jahren sank der Minutenpreis für Ferngespräche von 0,30 auf teilweise unter 0,04 Euro. Der Preisverfall führte wiederum zu einer Art vergeblichen Quadratur des Kreises: Viele Gesellschaften konnten ihre Services nicht mehr kostendeckend anbieten, mangels einer nennenswerten Zahl an Vertragskunden fehlt(e) es zudem nicht nur an Planungssicherheit, sondern an Kapital, um in neue Dienste und vor allem Infrastruktur zu investieren.