Zukunft der Arbeit

Team schlägt Hierarchie

11.02.2013
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Vom Kontrolleur zum Coach

Die agile Lösung für komplexe Probleme setzt etwa bei der Methode Scrum ganz oben an, indem die Rolle des Projektleiters, der finanzielle und fachliche Entscheidungen trifft, aufgeteilt wird: Ein Product Owner (Produktentwickler) priorisiert im Rahmen des Budgets und des Auftrags die Anforderungen und Funktionen, und das Entwicklungsteam entscheidet selbständig, wie die Aufgaben umgesetzt werden. Dazwischen fungiert der Scrum Master als Vermittler und Schiedsrichter, der die Scrum-Regeln hegt und pflegt und alle auftretenden Störungen beseitigt. "Der Manager entwickelt sich vom Kontrolleur zum Coach", fasst Projektexpertin Eckstein zusammen. Statt eines Orchesterkonzerts mit Dirigent findet eine Art Jam Session statt. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung freiberuflicher IT-Experten fällt es ohnehin schwer, den engen Top-down-Ansatz weiterzuverfolgen.

Heiko Stapf, Scrum-Coach: "Den einen der alles weiß und überall kompetent ist, gibt es nicht mehr."
Heiko Stapf, Scrum-Coach: "Den einen der alles weiß und überall kompetent ist, gibt es nicht mehr."
Foto: Heiko Stapf

Heiko Stapf arbeitet seit drei Jahren als selbständiger Berater im agilen Umfeld, zuvor war er Führungskraft in der Entwicklungsabteilung eines Softwareunternehmens. Den Wandel weg vom klassischen Modell hat er hautnah miterlebt: "Vor ein paar Jahren haben sich vor allem Entwickler für agile Methoden ausgesprochen und nicht die Chefs." Inzwischen habe sich die Lage gedreht, Anfragen kämen zunehmend aus dem Management. Das Problem: Viele Führungskräfte hätten von Scrum gehört, aber sie wüssten nicht, dass damit ein Umdenken verbunden ist, berichtet Stapf: "Viele Manager wollen ein Scrum-Projekt und gleichzeitig die Roadmap für die nächsten zwei Jahre in Form einer tages- und personengenauen Kapazitätsplanung ,in Stein gemeißelt` - da besteht noch ein hoher Beratungsbedarf."

Kein Platz für starre Budgets

Als "Mosaikstein in der Entwicklung" bezeichnet Eckstein die agile Methode als eine Art Anfang. Sie verweist auf andere Konzepte wie "Lean Startup", in dem es um die Frage nach den tatsächlichen Anforderungen des Kunden geht, sowie "Beyond Budgeting". Hier werde zuerst nach dem Nutzen eines Vorhabens gefragt und nicht nach den verfügbaren Mitteln: "Die Welt dreht sich immer schneller, und da ist kein Platz mehr für starre Budgets." Dass sich der Wandel nicht über Nacht vollzieht, ist der Agile-Expertin klar: "Ich bin aber optimistisch, denn die Entwicklung führt in die richtige Richtung." Statt der geballten Macht mit Hierarchien und Befehlsketten für die vertikale Führung würden sich die Experten horizontal vernetzen - "Transparenz und Vertrauen lösen das Herrschaftswissen ab".

Auch Scrum-Coach und Projektleiter Stapf kennt viele Szenarien, "wo es den einen nicht gibt, der alles weiß, überall kompetent ist und über Command and Control die Vorgaben setzt". In einem komplexen Umfeld müsse sich erst herausstellen, was der Kunde will und wie dies technisch umgesetzt werden soll. "Dafür brauchen wir ein starkes Team, das alle Aspekte abdecken kann", fordert Stapf. Die verschiedenen Kompetenzen zu verbinden sei das Erfolgsgeheimnis in der IT. Drei klassische Fehler: das Team-Building nicht ansprechen, die Ziele nicht klar kommunizieren und dem Team nicht den nötigen Raum zur Entwicklung geben - "Mitarbeiter müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeit selbst zu organisieren".