Stürmische Zeiten für ERP-Anbieter

10.12.2002
Von 
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.

Thema kann der neue Vorstand der Berliner PSI AG Harald Schrimpf ein Lied singen. (siehe Kasten: „Lieber langweilig als pleite“). Doch von der Marketing-Maschinerie der großen sowie einzelnen öffentlich sichtbaren Problemen kleiner Anbieter auf das Schicksal der gesamten Zunft zu schließen ist unangemessen. Betrachtet man die jüngsten Ergebnisse der Firmen, zeichnet sich ein gemischtes, nicht insgesamt düsteres Bild ab. Die Infor AG meldete einen im Vergleich zum Vorjahr stabilen Neun-Monats-Umsatz von knapp 59 Millionen Euro, kämpft jedoch mit roten Zahlen. Von Januar bis September verdoppelte sich der operative Verlust von 1,6 Millionen im vergangenen Geschäftsjahr auf nun 3,3 Millionen Euro. Immerhin weist der Hersteller, letztes Jahr mit 14 Prozent Marktanteil zweitgrößter Akteur im Geschäft mit Unternehmen von 100 bis 500 Mitarbeitern, eine

Eigenkapitalquote von 78 Prozent aus und kann nach wie vor neue Kunden gewinnen. 60 Prozent der Einnahmen im Softwarebereich stammten aus dem Neukundengeschäft. Die Münchner Soft M AG konnte sich in den ersten neun Monaten über einen Umsatzanstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 53,8 Millionen Euro freuen. Die Lizenzumsätze mit Standardsoftware kletterten um 57 Prozent auf elf Millionen Euro. Gleichzeitig wuchs das Beratungsgeschäft um 19 Prozent auf 18,1 Millionen Euro. Dennoch: Mit 24,7 Millionen Euro setzt Soft M nach wie vor den größten Anteil im Hardwaregeschäft um. Immerhin blieb die Company mit einem Vorsteuerergebnis von 700000 Euro im positiven Bereich.

Auch von den nicht börsennotierten Unternehmen gibt es keineswegs nur schlechte Nachrichten. Die Karlsruher Softwareschmiede Abas rechnet mit stabilen Umsätzen in Höhe von 35 Millionen Euro, und die in Weilerbach ansässige Pro Alpha AG beendete das Geschäftsjahr 2001/02 (Ende: 31. MÄrz) mit Rekordergebnissen. Der Konzernumsatz erhöhte sich von 25,7 Millionen Euro im Vorjahr auf 33,2 Millionen Euro und stand einem Betriebsergebnis von vier Millionen Euro gegenüber. „Der Mittelstand hat eine solide Daseinsberechtigung“, stärken der wissenschaftliche FIR-Mitarbeiter Schmidt und Peter Treutlein, Vorstand der Trovarit AG in Aachen, den Anbietern den Rücken. Unternehmen mit klarem Branchen- oder Regionalfokus haben die Anforderungen ihrer Kunden bis dato recht gut bedient. Und das auch zum eigenen

Vorteil, denn die Konzentration auf Industrien mit ähnlichen Prozessen senkt den Entwicklungsaufwand für den Hersteller. Man kann die Notwendigkeit zur Spezialisierung auch als Prinzip sehen wie CSB-Chef Schimitzek. Er ist überzeugt, dass sie „das A und O der Wirtschaft“ ist, denn nur so seien Innovation und Wachstum möglich. Und daran, so Schimitzek, kann keiner rütteln, „da hilft auch die beste Marketing-Strategie nichts“. Für ihn liegt das Potenzial seiner Zunft nicht im Nacheifern der Big Player, sondern in klaren Produktaussagen, die sich realisieren lassen. „Auch wenn es momentan nicht opportun ist: Der Anbieter muss das Rationalisierungspotenzial seiner Software herausstellen.“

In puncto Spezialisierung und Verständnis für die Kunden stehen eher die großen Anbieter unter Zugzwang. Ihnen muss es jetzt gelingen, funktionierende Partnerorganisationen aufzubauen. „Das bleibt spannend“, so Analyst Jung mit Blick auf SAP. „Business One ist erst seit September auf dem Markt.“ Zwar bezweifelt niemand die Erfolgsaussichten der Großen im mittleren Segment, doch gegen einen Verdrängungswettbewerb, den nur die Stärksten überleben, spricht die Erfahrung. „Seit Jahren wird unter dem Stichwort ,Ausverkauf des ERP-Marktes‘ das Aussterben kleinerer Anbieter diskutiert. Und seit nunmehr zehn Jahren stellen wir fest, dass die Zahl der ernst zu nehmenden Systemalternativen unverändert hoch ist,“ bilanziert FIR-Mitarbeiter Schmidt.