Stürmische Zeiten für ERP-Anbieter

10.12.2002
Von 
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Markt für mittelständische ERP-Lieferanten ist auch in diesem Jahr in heftige Turbulenzen geraten. Namhafte Anbieter beantragen Insolvenz, und Schwergewichte wie SAP und Microsoft werben um Mittelstandskunden. Daraus jedoch auf ein Scheitern der gesamten Zunft zu schließen, wäre verfrüht.

Wäre man ironisch, könnte man CSB ein Problem andichten. Mit Rang 18 in der Lünendonk-Liste ist die Company nur eingefleischten Branchenkennern ein Begriff, während anderen Wettbewerbern die Schlagzeilen gehören. Doch bei Brain, Bäurer und Co. wäre man über eine solche Performance, wie sie das Geilenkirchener Unternehmen vorweist, froh. „CSB ist ein schlechtes Beispiel für die momentane Krise mittelständischer Unternehmen. Die haben sich sinnvoll spezialisiert und sind international erfolgreich“, sagt Jean-Christian Jung, Senior-Berater beim Beratungshaus Pierre Audoin Consultants (PAC). CSB meldet für die ersten neun Monate dieses Jahres einen Anstieg im Neulizenzgeschäft von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im ungünstigsten Fall beendet das Unternehmen das gesamte

Geschäftsjahr mit einem um 25 Prozent gestiegenen Lizenzumsatz, im besten Fall werden es mehr als 30 Prozent sein.

Als repräsentativ gelten die Gescheiterten

D och von Erfolgsgeschichten, so scheint es, möchte derzeit kaum jemand etwas hören. „Manche Unternehmen üben sich in einer Art Zweckpessimismus“, beobachtet Jung. Dahinter steckt Methode, denn erstens gebe es einen Überraschungseffekt, falls das Geschäft doch nicht so mager verläuft, und zweitens lassen sich mit der angeblich schlechten Lage unliebsame Entscheidungen - wie Entlassungen oder die Trennung von Partnern - rechtfertigen. Als repräsentative Beispiele für den Markt werden daher die anderen, die gescheiterten Unternehmen genannt. Allen voran die Pleitekandidaten am Neuen Markt Softmatic, Bäurer und Brain. Dieses Schicksal, so wird gemunkelt, ereilt noch andere Anbieter. Deutschlands Softwarebranche wird ein Mittelständlersterben erleben, an dessen Ende - da scheiden sich die Geister - entweder zwischen drei bis fünf große oder zwischen 20 und 40 mittlere Hersteller übrig bleiben.

Dass sich eines dieser Szenarien in nächster Zeit bewahrheiten wird, gilt jedoch unter Branchenbeobachtern als ziemlich unwahrscheinlich. Mag sein, dass der eine oder andere Anbieter noch Altlasten mit sich herumschleppt, die ihm in den kommenden Monaten das Genick brechen werden, doch das Aus für die gesamte Zunft wird dies nicht bedeuten. „Wir haben viele gute Unternehmen in Deutschland“, ärgert sich CSB-Chef Peter Schimitzek über die Stimmung. Schließlich seien Firmen wie Brain oder Bäurer nicht wegen schlechter Produkte pleite. „Das waren handwerkliche Fehler“ spielt er auf die Management-Entscheidungen der vergangenen Jahre an.