Starthilfe für Voice over IP?

02.11.2004
Von 
Peter Gruber arbeitet für die Portale Computerwoche und CIO.

Die klassischen Carrier tun sich mit VoIP aber auch schwer, weil sie bei IP-basierenden Netzen einen Teil der Wertschöpfung aus der Hand geben müssen. Während traditionelle Netze hierarchisch aufgebaut sind und die Intelligenz zentralisiert ist, kann bei IP-Infrastrukturen die Intelligenz dezentral verteilt werden.

"VoIP-Dienst, Breitbandanschluss, Zugang zum IP-Netz und IP-Transport können von verschiedenen Anbietern erbracht werden", wies auch Kurth in Bonn auf die Besonderheit des neuen Marktgefüges hin. Standort- und Netzunabhängigkeit seien kennzeichnend für die Bereitstellung von VoIP-Diensten, die der Kunde unabhängig vom festen DSL-Anschluss zu Hause und auch unterwegs nutzen kann.

Auf den ersten Blick verheißen die vielseitigen Markteintrittsoptionen, die sich für Anbieter aus der IP-Architektur ergeben, einen breiten Wettbewerb mit umfassendem Servicespektrum. Da die Nutzung von VoIP aus Qualitätsgründen aber an einen Breitbandanschluss gebunden ist, für den hierzulande momentan fast nur DSL in Frage kommt, fürchten zahlreiche Provider um eine faire Wettbewerbschance. Der Grund: Die Telekom verbucht zurzeit 86 Prozent der DSL-Anschlüsse auf sich und besitzt dadurch aus Sicht der Konkurrenten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bei VoIP.

Hermann-Josef Piepenbrock, TK-Experte aus der Kanzlei Piepenbrock und Schuster in Düsseldorf, hält eine Regulierung deshalb für unerlässlich. Handlungsbedarf sieht der Jurist vor allem bei den Vorleistungsprodukten der Telekom sowie deren Marktmacht. "Die Reg TP muss sehr genau aufpassen, dass die Telekom den VoIP-Markt nicht monopolisiert, wie es mit DSL geschehen ist", warnt er.

Dass sich am Kundenzugang beziehungsweise den so genannten Vorleistungsprodukten der Telekom die Geister scheiden, weiß auch Chefregulierer Kurth. Seine Behörde hatte im Vorfeld des Hearings eine Umfrage unter den potenziellen Marktteilnehmern veranstaltet, um die Stimmung auszuloten. Dabei waren sich die Unternehmen weitgehend darin einig, auf VoIP die Regeln der leitungsvermittelten Sprache anzuwenden. Anstoß erregt jedoch die derzeit bestehende Zwangskopplung von DSL- und Telefonanschluss bei der Telekom.

Die Wettbewerber der Telekom können Teilnehmer im Ortsnetz nur durch eigene Infrastruktur oder die Vorleistungsprodukte "Teilnehmeranschlussleitung" (TAL) und "Line Sharing" erreichen (siehe Glossar). Da die wenigsten über eigene Ortsnetze verfügen, bleiben nur die TAL oder Line Sharing. Mit beiden Produkten ist jedoch keine qualitative Unterscheidung vom Angebot der Telekom möglich, weshalb der Ruf nach Bitstream Access immer lauter wird. Bei dieser Vorleistung müsste der Bonner Carrier als marktbeherrschendes Unternehmen den Wettbewerbern einen DSL-Zugang zum Kunden ohne Zwangskopplung mit einem Telefonanschluss anbieten.