Ausbildung in Software und Modulen von SAP

So lernt man den Job als SAP-Berater

06.04.2016
Von 


Thomas Biber ist Geschäftsführer der auf das SAP-Umfeld spezialisierten Personalberatung Biber & Associates.

 
SAP-Berater mit Erfahrung in Implementierung, Customizing und Projektplanung ist einer der gefragtesten und bestbezahlten Berufe in Deutschland. Es ist nicht so leicht, einer dieser Profis zu werden. Wie man sich für den Umgang mit SAP-Modulen qualifiziert, lesen Sie hier.
  • SAP-Berater wird man nur durch langjährige Projekterfahrung.
  • SAP-Profis müssen Firmenprozesse verstehen und vordenken.
  • In Praktika erworbene Hard- und Soft Skills zahlen sich aus.

Es gibt einen formalen Weg, sich zum SAP-Berater ausbilden zu lassen: nämlich Zertifizierungen. Der SAP-Konzern und zahlreiche andere Institutionen bieten Trainingskurse an, wo Teilnehmer in bestimmten Modulen der SAP-Software geschult werden. Diese Schulungen sind standardisiert, nicht billig und zeitaufwendig. Trotzdem sind sie in der SAP-Welt nur von geringer Bedeutung.

Nicht Zertifikate, sondern die Berufs- und Projekterfahrungen über mehrere Jahre machen einen guten SAP-Berater.
Nicht Zertifikate, sondern die Berufs- und Projekterfahrungen über mehrere Jahre machen einen guten SAP-Berater.
Foto: Pressmaster - shutterstock.com

Wer darauf setzt, nach der Zertifizierung einen der lukrativen SAP-Beraterjobs zu ergattern, kann enttäuscht werden, weil im Endeffekt nur die Praxis zählt. Der Grund dafür liegt im spezifischen Berufsbild des SAP-Beraters. Die Software von SAP mit ihren vielen Modulen für Branchen und Abteilungen hilft Unternehmen, ihre internen Abläufe genau zu steuern und in Echtzeit zu kontrollieren. Die Software ist deshalb entsprechend komplex. Die Aufgaben eines Beraters gehen aber weit über deren Bedienung hinaus und konzentrieren sich eigentlich mehr auf die Prozesse selbst.

Übersetzer zwischen IT-Welt und Fachabteilung

Ein Berater mit Spezialisierung auf Controlling muss neben der Beherrschung des Moduls SAP FICO (Finance/Controlling) in der Lage sein, sich mit den komplexen Kostenstrukturen von Großunternehmen auseinanderzusetzten. Er muss sie so durchdringen oder erklären können, dass die Erklärungen den Anforderungen eines Geschäftsführers oder Abteilungsleiters standhalten. Diese Klientel interessieren Fragen wie: Welchen Umsatz hat das Unternehmen pro Region erzielt? Mit welchen Produkten sind wir profitabel? Wo sind unerwartet hohe Kosten entstanden? Manager arbeiten meist auf die Verbesserung bestimmter Kennziffern hin - sogenannte Key Performance Indicator (KPI). Ein KPI gibt Aufschluss, ob die Zielsetzungen erreicht werden. Solche KPI zu entwerfen und ihre Aggregation umzusetzen, gehört zu den typischen Tätigkeiten eines SAP-Beraters mit Spezialisierung auf FICO oder BI (Business Intelligence).

In den meisten Bereichen benötigen SAP-Consultants ein sehr gutes Verständnis für Unternehmensabläufe. Ihr Job ist es, zwischen den zwei Welten der IT und der Fachabteilung zu übersetzen. Sie müssen Prozesse verstehen, diese grafisch dokumentieren und Ideen entwickeln, wie sie zu verbessern sind. Ein Prozess kann dabei ganz verschiedene Abläufe beschreiben: die Auslieferung eines Produkts, den Umgang mit einer Beschwerde, die Erstellung einer Rechnung oder die Bearbeitung eines Urlaubsantrags. Es ist also nicht die Anpassung der Software, das sogenannte Customizing, was am meisten Zeit kostet, sondern es sind fachliche Fragen der Unternehmensführung.

SAP-Projekte verändern Unternehmensorganisation

Im Zuge einer SAP-Einführung stellen Berater oft fest, dass sich die Vertreter des Unternehmens nicht einig sind und die gleichen Dinge in der Vergangenheit verschieden gehandhabt haben: Schaut erst Abteilung A auf ein Kundenschreiben oder erst Abteilung B? Wer kümmert sich um die Lieferung eines Produkts, das nicht mehr auf Lager ist? In den Fällen muss der SAP-Berater Entscheidungsvorlagen erarbeiten und diplomatisch agieren. Seine Aufgabe ist es, geschickt zu moderieren, Entscheidungen herbeizuführen und Lösungen konsequent durchzufechten und umzusetzen.

Das geschieht mitnichten allein vor dem Computerbildschirm, sondern in zahlreichen Besprechungen mit den Beteiligten. Fakt ist: Ein SAP-Projekt verändert ein Unternehmen organisatorisch. Bei einer SAP-Einführung geht es immer auch um Rationalisierung, weshalb nicht immer jeder Mitarbeiter mitzieht. Deshalb muss ein SAP-Spezialist seinen Ansprechpartnern auch erklären können, warum ein Ansatz gescheitert ist oder warum ein vom Kunden gewünschter Prozess unter Umständen keinen Sinn ergibt. Es braucht eine gut ausgeprägte Fähigkeit, mit der Komplexität der Materie umzugehen, und darüber hinaus eine hohe Kommunikationsfähigkeit, Parkettsicherheit und Konfliktbereitschaft. Ob ein Consultant über diese Merkmale verfügt, lässt sich über eine Zertifizierung nicht prüfen. Und deshalb zählt in der SAP-Welt nur die Berufserfahrung.

Der typische Ausbildungsweg eines SAP-Beraters beginnt in einem technischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang. In Fächern wie Betriebswirtschaftslehre, Informatik oder Wirtschaftsinformatik gibt es starke Berührungspunkte zum Thema SAP. Oft besitzen die Lehrinstitute dieser Fächer SAP-Testinstallationen auf eigenen Systemen, womit Studenten einen ersten Einblick in das Customizing erhalten können. In aller Regel konzentrieren sich Kurse auf ein Teilthema, zum Beispiel ein Programmierkurs in ABAP oder ein Kurs in den Grundbegriffen von SAP BI. Solche Seminare sind ein Anfang und können den Weg in ein Praktikum bei einer SAP-Beratungsfirma ebnen. Alternativ kann auch fundiertes Branchenwissen, zum Beispiel über Logistikabläufe, ohne vorherige Berührungspunkte zur SAP-Software zu einem Praktikumsplatz verhelfen.

Im Praktikum Teilprojekt verantworten

Praktika in der SAP-Welt sind in aller Regel bezahlt. Sie sollten mindestens drei bis sechs Monate dauern, damit den Praktikanten ein ausreichend tiefer Einblick in Projekte möglich ist und sie erste Aufgaben eigenverantwortlich übernehmen können. Von Vorteil sind hohes Engagement und die Bewährung in praktischen und systemnahen Aufgaben. Praktikanten sollten deshalb einfordern, während des Praktikums kleinere SAP-Teilprojekte in Abstimmung mit einem Mentor selbstständig zu betreuen.

Je mehr Praktika ein Student macht, desto leichter fällt der Einstieg in den SAP-Arbeitsmarkt. Die praktische Ausbildung kann darüber hinaus für die richtigen persönlichen Verbindungen sorgen. Und ein positives Praktikumszeugnis, das die für SAP-Berater nötigen Hard- und Soft Skills hervorhebt, zählt bei der Suche nach der ersten Stelle mehr als jede Zertifizierung.

Der nächste Schritt ist, sich gegen Ende des Studiums für den Direkteinstieg zu bewerben. Da sehr viele Unternehmen händeringend SAP-Nachwuchs suchen, sprechen sie Studenten im Zuge ihres Hochschul-Marketings an und präsentieren sich auf Jobmessen. Wer gute bis sehr gute Noten in einem der genannten Studiengänge und Praktika vorzuweisen hat, besitzt beste Karten.