Ratgeber Cloud-Migration

So gelingt der Weg in die Multi-Cloud

24.07.2018
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Marc Sundermann ist Experte für das Thema Multi Cloud und Cloud-Strategien und hat als IT-Architekt langjährige Erfahrung in der Planung und Umsetzung komplexer Cloud-Architekturen. Herr Sundermann lebt und arbeitet in Hamburg.
Nach ihrem Schritt in die Multi-Cloud betreiben viele Unternehmen plötzlich nicht mehr nur eine IT-Landschaft, sondern zwei oder drei. In diesen Fällen ist etwas gründlich schiefgelaufen. Was müssen Unternehmen vor, während und nach ihrer Cloudifizierung beachten?

Unternehmen, die sich besonders euphorisch dem Transfer ihrer Workloads in die Multi-Cloud verschreiben, sind nicht unbedingt die erfolgreichsten. Denn sie wollen in der Regel zu viel in zu kurzer Zeit. Technisch mögen ihre Ziele noch umsetzbar sein. Doch unterschätzen sie die organisatorischen und fachlichen Grenzen, die ihnen die eigene IT sowie die Fachabteilungen setzen. Skalieren und migrieren lässt sich fast alles. Aber: Wie viel(e) Cloud(s) kann ein Unternehmen überhaupt stemmen, ohne den Überblick in Sachen Kosten, Infrastruktur und Sicherheit zu verlieren? Steht das Management voll hinter den definierten Zielen und ist es bereit, im Fall der Fälle dafür auch einzustehen?

Zur Cloudifizierung in Unternehmen gehört es auch, "Phantom-Anwendungen" konsequent abzuschalten.
Zur Cloudifizierung in Unternehmen gehört es auch, "Phantom-Anwendungen" konsequent abzuschalten.
Foto: Maximumm - shutterstock.com

Auf in die Cloud – aber wie?

Ein Beispiel ist das Aufgeben der eigenen Rechenzentren. Das Abschalten stellt technisch gesehen keine Herausforderung mehr dar. Allerdings verhindert die Angst davor, seine Daten nicht mehr inhouse zu speichern und das Verteidigen der althergebrachten Unternehmenskultur nicht selten diesen notwendigen Schritt. Notwendig deshalb, weil der Schritt in die Multi-Cloud sonst die erwünschten Kosteinsparungen nicht mit sich bringt, sondern sogar zu Mehrkosten führt.

Nicht nur das Management muss sich zu einer Multi-Cloud bekennen – auch die Verantwortlichen müssen von Anfang an deutlich kommunizieren, wohin die Reise geht. Dies beugt dem berühmten „Flurfunk“ vor. Die so übermittelten strategischen Ziele der Cloud-Migration sind in der Regel das Ergebnis von sogenannten „Cloud Readiness Assessments“. Sie analysieren, wie viel Cloud ein Unternehmen wirklich „ertragen“ kann: Ist zum Beispiel die technische Infrastruktur der Standorte für bestimmte Cloud-Technologien überhaupt gewappnet? Wenn der Internet-Traffic die Netzwerke eines 1.000-Mitarbeiter-Unternehmens bereits voll auslastet, reicht die Anbindung für die meisten Cloud-Vorhaben zumeist nicht aus – zumal, wenn plötzlich alle 1.000 Mitarbeiter Cloud-Anwendungen beziehen. Schon der Ausbau einer solchen Internetanbindung lässt so manche Mehrwert-Rechnung eines Cloud-Szenarios zur Makulatur werden.

Ebenfalls auf den Prüfstand müssen sämtliche Anwendungen: Sind sie in der Cloud abbildbar? Werden sie überhaupt noch nennenswert genutzt oder fallen sie unter die Rubrik „Phantomsoftware“? Bei welchen Anwendungen muss deren Architektur geändert werden, damit sie ihren Weg in die Cloud finden können?

Nicht zuletzt wollen viele Mitarbeiter den Weg in die Multi-Cloud nicht mitgehen – vorrangig Mitarbeiter aus der IT, die nun vor völlig anderen Aufgaben stehen, da ihre bisherigen Tätigkeiten wegfallen. Neben einer klaren und entschiedenen Kommunikation hat sich in vielen Fällen ein schrittweises Vorgehen bewährt, bei dem die Unternehmens-IT zunächst ihre lokale Architektur mit Blick auf die Cloud umbaut – etwa durch die Einführung einer Private Cloud im eigenen Rechenzentrum. In sie können die Workloads nach und nach einfließen, die Mitarbeiter werden sukzessive an die neue Technologie herangeführt, spielen Anwendungsszenarien durch und lernen so den Mehrwert der neuen Lösung kennen und schätzen.