Nicht besser, nicht schlechter - nur anders

So führen Sie die Generation Z

20.07.2023
Von 


Barbara Liebermeister ist Gründerin und Leiterin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter IFIDZ. Die Wirtschaftswissenschaftlerin ist u.a. Autorin des Buchs „Die Führungskraft als Influencer: In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“. Zu diesem Thema hält die Managementberaterin auch (Online-)Vorträge und Seminare. Zudem betreibt sie den Podcast „Business Secrets: Warum Frauen gelikt werden und Männern gefolgt wird“.

 
Bezüglich der Generation Z bestehen viele Klischees und Vorurteile. Dabei ist diese Generation ebenso heterogen wie etwa die der Baby-Boomer. Entsprechend individuell müssen Arbeitgeber die jungen Mitarbeitenden führen.
Pragmatische Lösungen sind von Arbeitgebern gefragt, wenn es um den Umgang mit der Generation Z geht; einerseits Verständnis für ihre Bedürfnisse zeigen, andererseits auch klar sagen, wofür das Unternehmen steht.
Pragmatische Lösungen sind von Arbeitgebern gefragt, wenn es um den Umgang mit der Generation Z geht; einerseits Verständnis für ihre Bedürfnisse zeigen, andererseits auch klar sagen, wofür das Unternehmen steht.
Foto: MDV Edwards - shutterstock.com

"Die Angehörigen der Generation Z sind nicht so leistungsfähig und -bereit wie unsere älteren Mitarbeiter." Diese Klage hört man oft von Managern und Unternehmern bezüglich der nach 1995 geborenen jungen Frauen und Männer, die sich nach ihrem (Hoch-)Schulabschluss bei den Unternehmen bewerben oder in diesen bereits eine Stelle haben.

Doch ist das wirklich so? Mein Eindruck als Unternehmerin und Managementberaterin ist: In der Generation Z gibt es - prozentual gesehen - etwa ebenso viele leistungsbereite Frauen und Männer wie vor circa 40, 50 Jahren als das Gros der sogenannten Baby-Boomer in das Berufsleben eintrat.

Arbeitsmarkt ist ein Arbeitnehmer-Markt

Doch die Rahmenbedingungen waren andere. Damals bewarben sich auf eine freie Stelle in der Regel viele Personen. Für die Unternehmen bedeutete dies: Sie konnten aus einem Stapel Bewerbungen die aus ihrer Warte besten herausfiltern und danach die potenziellen Kandidaten bei sich antanzen lassen.

Und in den Arbeitsverträgen konnten sie den Auserwählten die Vertragsbedingungen weitgehend vorgeben, denn diese wussten: Gute Stellen sind rar. Also verhandelten nur die Mutigsten über ihr Gehalt und fragten aktiv nach den sonstigen Sozialleistungen.

Bewerber am längeren Hebel

Nicht wenige Arbeitgeber erachteten diese Situation mit der Zeit als ebenso selbstverständlich, wie dass beispielsweise die von ihrem Unternehmen benötigten Rohstoffe jederzeit lieferbar und günstig sind. Entsprechend schwer fällt es ihnen heute damit umzugehen, dass die Bewerber zumindest gefühlt meist am längeren Hebel sitzen, weil sie oft mehrere Joboptionen haben und die Unternehmen aktiv um ihre Gunst sowie ihr Ja-Wort werben müssen.

Dass so viele Unternehmen über die Qualität der nachrückenden (potenziellen) Mitarbeitenden klagen, liegt primär daran, dass aufgrund der demografischen Entwicklung ihre Gesamtzahl viel niedriger als früher ist, weshalb sich oft - wenn überhaupt - nur ein, zwei Personen auf eine vakante Stelle bewerben. Deshalb müssen speziell mittelständische Betriebe bei den Anforderungen, die sie an ihre künftigen Mitarbeitenden stellen, heute schon oft große Zugeständnisse machen.

Niedrigere Messlatte aufgrund der geringeren Bewerberzahl

Sie können die Messlatte nicht mehr so hoch wie früher legen. Deshalb sind sie im Betriebsalltag verstärkt mit Mitarbeitenden konfrontiert, die zum Beispiel eine geringere Eigenmotivation haben und mehr Führung brauchen. Außerdem haben die Neuen aus Unternehmenssicht oft noch fachliche und persönliche Defizite, weshalb eine jobbegleitende Nachqualifizierung nötig ist. Oder anders formuliert: Weil die gewünschte oder benötigte Passung den neuen Mitarbeitenden häufig noch teilweise fehlt, müssen die Unternehmen mehr Ressourcen für deren Führung und Entwicklung aufwenden.

Hierauf sind viele Unternehmen nicht eingestellt und diese Situation überfordert zum Teil ihre Führungskräfte - zumal sich auch die Bedürfnisse der leistungsstarken und -bereiten jungen Mitarbeitenden (nicht nur) der Generation Z gewandelt haben. Viele von ihnen wollen zum Beispiel nicht mehr, dass die Erwerbsarbeit ihr gesamtes Leben dominiert. Die "Work-Life-Balance" ist ihnen wichtiger als ihren Eltern.

Arbeitgeber müssen ihre Personalpolitik neu gestalten

Und weil sie mehr Joboptionen haben, fordern sie solche Dinge wie geregelte Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, die Möglichkeit, mobil zu arbeiten oder mal eine längere Auszeit zu nehmen, auch aktiver ein. Dasselbe gilt für die Chancen, beruflich voranzukommen. Die jungen Leute warten seltener als ihre Eltern darauf, dass ihnen diese gewährt werden, sie fordern diese aktiv ein. Und wenn sie diese nicht bekommen? Dann wechseln sie schneller den Arbeitgeber.

Deshalb müssen die Unternehmen sich fragen, inwieweit ihre Personalpolitik insgesamt noch den Erwartungen ihrer (künftigen) Mitarbeiter entspricht - ähnlich wie sie dies bei ihren Produkten tun, wenn sich die Bedürfnisse der Kunden gewandelt haben.

Chefs müssen flexibler werden

Dieses Abschneiden alter Zöpfe fällt vielen Unternehmen schwer. Dasselbe gilt für ihre Führungskräfte: Sie müssen in einer Situation, in der gute Mitarbeitende rar sind, bei ihrer Führungsarbeit eine sehr große Verhaltensflexibilität zeigen. Weil zum Beispiel ihre Mitarbeiter einen unterschiedlichen fachlichen und persönlichen Reifegrad haben und zusätzlich stark divergierende individuelle Bedürfnisse eine Rolle spielen. Organisatorisch gilt es, Teams, die zunehmend hybrid beziehungsweise virtuell arbeiten, zu integrieren.

In dieser Situation ist ein Führungsstil gefragt, bei dem die Führungskräfte ihr Verhalten dem jeweiligen Gegenüber und der Situation beziehungsweise Konstellation anpassen; also bedarfs- und situationsabhängig, heißt:

  • Mitarbeitende mal loben, mal ihr Verhalten hinterfragen,

  • Mitarbeitende mal beim Erfüllen ihrer Aufgaben aktiv unterstützen, mal sich bewusst zurücknehmen,

  • mal Änderungen stark forcieren, mal bewusst den Fuß vom Gas nehmen.