SER Systems in Finanznöten

16.01.2002
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Gert Reinhardt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der SER Systems AG, gibt unumwunden zu, dass die Veräußerung der beiden Töchter dazu diente, Geld in die Kasse zu spülen. Allein der Verkauf der Banking Solutions habe einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag eingebracht, und das hat uns finanziell natürlich deutlich entlastet," so der Firmenchef. Allerdings sei das nicht der einzige Grund gewesen: So habe das Unternehmen seinen Umsatz zu zwei Dritteln aus dem Asset-Management-Geschäft generiert – "mit unseren Produkten hatte das nichts zu tun." Auch in der Schweiz habe es SER nicht geschafft, im Markt Fuß zu fassen. "Unsere Schweizer Tochter hat gerade einmal zwei Millionen Euro Umsatz gemacht – das hat sich nicht gelohnt."

Dass die SER AG im Dezember 275 000 eigene Aktien an der Börse verkauft hat, obwohl der Kurs mit 2,5 Euro einen Tiefstand erreicht hatte, ist laut Reinhardt dagegen nicht als Zeichen für einen finanziellen Notstand zu werten. "Das mussten wir tun", erklärt der Firmengünder: "Laut Aktiengesetz dürfen wir keine eigenen Aktien halten, wenn die Bilanz dies nicht in Form von Rücklagen deckt, die den Preis der Aktien übersteigen. Und das ist nun einmal nicht der Fall."

SER steckt nicht allein in der Krise. Auch Wettbewerber wie Ixos leiden mehr oder weniger unter der Flaute im Markt für DM-Systeme, die in erster Linie auf den weltweiten Wirtschaftsabschwung und die allgemeine Schwäche des IT-Markts zurückzuführen ist. Bei SER kommen nach Ansicht von Experten jedoch noch eine Reihe von Management-Fehlern hinzu.

Sich nach dem Börsengang eine Firma nach der anderen einzuverleiben war auch bei vielen DMS-Herstellern gängige Praxis. Das Geld saß noch locker, zudem galt die Erschließung neuer Bereiche als sinnvoll, da die Auguren in regelmäßigen Abständen das Ende des DMS-Markts prophezeiten. SER trieb seine Einkaufsaktivitäten nach Meinung von Branchenkennern jedoch auf die Spitze.

Angekreidet wird dem Unternehmen dabei vor allem, dass es bei seinen Akquisitionen zu wenig strategisch vorging. So handelte es sich bei den übernommenen Firmen meist um Hersteller, deren Produkte – etwa Enterprise-Resource-Planning- oder Front-Office-Lösungen – wenig mit dem Kerngeschäft DMS zu tun hatten und damit kaum Synergieeffekte ermöglichten. „SER hat gekauft und erst dann überlegt, was es mit den Firmen machen soll“, bringt es ein Marktbeobachter auf den Punkt. Auch die Integration der neuen Geschäftsfelder und die Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft habe SER zu lange verdauen müssen. „Der Wandel im Kopf zur AG hat bei SER erst im letzten Jahr begonnen.“ Erst im Sommer habe das Management angefangen, den Wildwuchs seiner Beteiligungen und Zukäufe zu ordnen.