Extreme Programming gewinnt an Fahrt

Raus aus dem Programmier-Alltag

10.12.2001

Davon, wie sich XP in der Praxis bewährt, berichten Christian Wege, bei Daimler-Chrysler zuständig für IT Strategic Planning & Enterprise Technology/Software Development Environments, Hans Wegener, der sich bei der Crédit Suisse mit Data Warehousing beschäftigt, Peter Gassmann vom Schweizer Sun Java Center und Dierk König, verantwortlich für Geschäftsleitung und Coaching bei der Canoo Engineering AG in Basel. Die Projekte der Unternehmen sind sehr unterschiedlich: Während Canoo Softwareprodukte entwickelt und verkauft, setzt Daimler-Chrysler XP ein, um Web-basierte Anwendungen für eine kleine, europaweit verteilte Zielgruppe zu bauen. Die Crédit Suisse hat ein Metadaten-Management-System für Data Warehousing geschaffen, und Gassmann sammelte Erfahrungen mit der Entwicklung einer Außendienstanwendung für ein Versicherungsunternehmen.

Umfang und Dauer der betrachteten Projekte liegen in dem von XP vorgesehenen Rahmen. Mit drei bis zehn Entwicklern und einer Laufzeit von drei Monaten bis drei Jahren sind sie aber eher am unteren Ende der Komplexitätsskala anzusiedeln.

Warum Extreme Programming?

"Wir haben auf XP gesetzt, da uns bei unserem geplanten Vorhaben das Geld knapp geworden wäre, wenn wir einen klassischen Entwicklungsweg eingeschlagen hätten", erklärt Daimler-Chrysler-Mitarbeiter Wege. In Gassmanns Projekt waren dagegen "schwammige, nicht klar definierte Anforderungen" der Grund, die extreme Methode zu wählen. Finanz- und Zeitnot verbunden mit unklaren und unvollständigen Spezifikationen und Zielen sind die meistgenannten Merkmale großer Softwareprojekte.

Die Entscheidung für XP traf zunächst häufig das Entwicklungsteam, und es trug sie dann an den Auftraggeber - etwa die Fachabteilungen - heran. Entgegen der Befürchtung, dort auf "ideologische Barrieren" zu stoßen, fand XP Zustimmung. Dazu müsse allerdings eine Vertrauensbasis zwischen Projektteam und Auftraggeber bestehen, berichtet Canoo-Geschäftsführer König aus eigener Erfahrung.

Einig sind sich die Befragten, dass sich mit XP auf wandelnde Anforderungen in Projekten flexibel reagieren lässt, doch gewichten die Unternehmen die einzelnen Merkmale von XP unterschiedlich: Während bei dem einen die Praktiken wie Refactoring und Unit Testing im Vordergrund stehen, nennen andere dahinter stehende "Werte" wie Einfachheit, Kommunikation, Feedback und Mut. In keinem der untersuchten Projekte verwendet man XP jedoch in Reinform, also strikt"nach dem Buch". Stattdessen werden in den meisten Fällen einige der Techniken weggelassen, abgewandelt oder ergänzt.