Personalentwicklung gerade in wirtschaftlich schlechteren Zeiten erforderlich

Qualifizierte Mitarbeiter mehr denn je ein Erfolgsgarant

10.09.2003
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.
Je besser die Mitarbeiter qualifiziert sind, desto besser für die Firma. Nach dieser Regel setzt manches Unternehmen gerade in schlechten Zeiten auf die Vermittlung von Spezialkenntnissen und Arbeit an der Persönlichkeitsstruktur.

MIT DER KONJUNKTURFLAUTE gehen die Mittelständler unterschiedlich um. Während die einen den ruhigeren Alltagsbetrieb nutzen, sich um die Personalentwicklung und Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu kümmern, lassen andere diesen Bereich brachliegen. Matthias Meifert, Partner der Kienbaum Management Consultants, Geschäftsfeld Human Resource Management: „Vielen Führungskräften fällt momentan nichts Besseres ein, als die Bildungsbudgets drastisch zu kürzen.“

Um dem Problem Qualifizierung aus dem Weg zu gehen, würden sich andere Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt fertige Leute einkaufen. Der Berliner Consultant hält diese Lösung nicht für optimal: „Wenn ein fertiger Mitarbeiter eingekauft wird, sind zum einen die Beschaffungskosten sehr hoch. Zum anderen fehlt dem Externen der so genannte Stallgeruch, der gerade in mittelständischen Unternehmen sehr wichtig ist.“ Anstatt viel Geld für einen unsicheren Kandidaten auszugeben, rät Meifert, in ruhigeren Zeiten die eigenen Mitarbeiter zu qualifizieren: „Diejenigen Führungskräfte, die dies aus Kostengründen ablehnen, sollte man daran erinnern, dass sie dann, wenn das Unternehmen wieder volle Auftragsbücher zu verzeichnen hat, ihre Leute genau so wenig weiterbilden werden - und zwar aus Zeitmangel.“ Für den Berliner Consultant steht fest, dass qualifizierte Mitarbeiter immer einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz darstellen.

So würden beispielsweise Vertriebsleute, die während einer Auftragsflaute in puncto Kommunikationsfähigkeit geschult werden, mehr Erfolg bei der Akquise haben und den Kontakt zu bestehenden Kunden verbessern. Meifert hat noch einen Tipp parat: „Da sich die interne Qualifizierung von ein oder zwei Mitarbeitern nicht lohnt, sollten mittelständische Unternehmen eine Qualifikations-Kooperation eingehen.“ Auf diese Weise könnte beispielsweise ein Trainer die Beschäftigten verschiedener Firmen gemeinsam unterrichten. Der Vorteil: Die Beschäftigten erhalten eine gute Qualifizierung, die Unternehmen sparen Kosten.

Qualifizierung verstärken

Heinz Paul Bonn, Vizepräsident des ITDachverbands Bitkom und Vorsitzender des Forums Mittelstand, hält Personalentwicklung gar für einen Überlebensgarant: „Auch wenn es so manchem Unternehmen schwer fällt - gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist Mitarbeiterförderung absolut notwendig.“ Schließlich stecke in den Köpfen der Mitarbeiter enorm viel Produktund Prozess-Know-how. Dieses Wissen müsse zum Überleben des Unternehmens nicht nur erhalten, sondern sogar ausgebaut werden. Nach seiner Ansicht ist den Firmen durchaus klar, dass die zahlreichen Entlassungen, gerade von älteren, erfahrenen IT-Profis, zu einem großen Know-how-Verlust geführt haben. Bonn: „Wenn so viele Senioren gehen, muss die Arbeit von den verbliebenen jüngeren Mitarbeitern gleichwertig geleistet werden. Voraussetzung dafür ist die verstärkte Qualifizierung.

Der Bitkom-Vizepräsidenten sieht noch ein weiteres Problem. In mittelständischen Unternehmen seien ältere Mitarbeiter oftmals als „Mädchen für alles“ oder „Allrounder“ tätig gewesen. Bonn: „Die jüngeren Leute dagegen sind fachlich hoch spezialisiert, müssen Sozialkompetenz aber sehr oft noch erwerben. Aufgrund dieser unterschiedlichen Profile sollten die Verantwortlichen gemischte Teams bilden, die die Aufgaben gemeinsam lösen.“ Das erfordere gerade im Mittelstand eine individualisierte Personalentwicklung der Mitarbeiter sowie eine flexible Anpassung der Unternehmensorganisation. Der Mittelstands- Fachmann weist darauf hin, dass die Kosten für eine hochwertige Qualifizierung durchaus in Grenzen gehalten werden können. Voraussetzung dafür sei die Vermittlung der entsprechenden Kompetenzen am Arbeitsplatz selbst sowie in realen Arbeitsprozessen.

Zu den Unternehmen, in denen Personalentwicklung eine große Rolle spielt, gehört die Münchener Firma Comet, in der 70 Mitarbeiter Betriebsanleitungen für den IT-Bereich sowie Handbücher für Softwareprogramme erstellen. Gerade in schwierigen Zeiten profitiert laut Comet- Chefin Sissi Closs ein Unternehmen von qualifizierten, flexiblen und motivierten Mitarbeitern: „Wenn die Kräfte gemeinsam mobilisiert werden, erreicht man die erforderlichen Ergebnisse eher als andere Unternehmen.“ Dies ist ihrer Meinung nach auch einer der Gründe, warum bei dem Softwarehaus bisher keine Stellen abgebaut wurden. Personalentwicklung und -förderung heißt laut Closs, nicht irgendwelche Hierarchiestufen zu erklimmen, sondern jeden Mitarbeiter an genau der Position einzusetzen, die ihm am meisten Spaß macht.