Plattner: "Abap und Java sind künftig gleichberechtigt"

20.12.2001

PLATTNER: Nein. Das hängt damit zusammen, dass wir uns mit Microsoft nicht darüber einigen konnten, auch andere IT-Systeme als Windows zu unterstützen. Viele unserer großen Kunden benutzen kein Windows NT, sondern Mainframes, Unix-Maschinen oder AS/400. Wir glauben nicht, dass Java die bessere Plattform ist, es ist aber sicher die breitere.

CW: Der Versuch, Anwendungen via ASP im Netz verfügbar zu machen, war nicht erfolgreich. Was ist bei Web-Services anders?

PLATTNER: Das Business-Modell hat nicht funktioniert. Unsere ASP-Lösung Pandesic war sehr erfolgreich. Die Kunden waren hochzufrieden. Aber damit war kein Geld zu verdienen, da die Unternehmen, die dieses Modell genutzt haben, nicht das Umsatzwachstum erzielt haben, dass wir uns versprochen hatten.

CW: Was bedeutet die Neuausrichtung für das Geschäftsmodell der SAP?

PLATTNER: Wir haben rund 900 Softwarepartner. Wenn die ihre Anwendungen als Java- und JSP-Anwendungen schreiben, können wir sie sofort in unser Portal einbinden. Wir könnten zum Beispiel den Vertrieb dafür übernehmen und gleich eine erweiterte Lösung anbieten. Das haben wir schon einmal versucht. Damals waren wir aber nicht sehr erfolgreich - vor allem, weil wir es logistisch nicht hinbekommen haben. Das stellt sich jetzt anders dar. Daher werden wir das neu überdenken.

CW: Welche Software wollen Sie künftig noch selber machen und welche Komponenten über Partner abdecken?

PLATTNER: Die Virtual Machine für die Ausführung von Java Code entwickeln wir natürlich nicht selbst. Für die J2EE-Services haben wir im vergangenen Jahr Prosyst gekauft. Bei solchen Standardanwendungen bringt es uns nichts, das selber zu fertigen. Aber betriebswirtschaftliche Software werden wir weiterhin selber erarbeiten. Viele CRM-Komponenten waren von Anbeginn Bestandteil unserer Software, zum Beispiel die Kundenauftragsbearbeitung. Ein CRM müssen wir also selbst entwickeln. Wir wollen weiter wachsen, und das können wir nicht allein mit der Finanzbuchhaltung. Aber auch mit dem Verkauf von Technologien werden wir künftig Geld verdienen wollen.

CW: Wie viel Umsatz wollen Sie damit erwirtschaften?

PLATTNER: Wir wollen mittelfristig einen signifikaten Teil unseres Umsatzes damit erzielen. Wir beschäftigen im Bereich Portals and Markets rund 900 Entwickler. Wenn Sie das mit den Entwicklern in der restlichen SAP vergleichen, können Sie sich ausrechnen, wie viel Umsatz wir da brauchen. (SAP beschäftigte im September 2001 rund 7000 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung. Mit 900 Entwicklern müssten Portals and Markets also zukünftig rund 13 Prozent zum SAP-Umsatz beitragen, Anm. d. Red.)

CW: Sie haben über CRM, SCM und PLM gesagt, Sie wollten sich in diesen Märkten an den Marktführern messen lassen. Gilt das auch für das Technologiegeschäft?

PLATTNER: Es wäre natürlich vermessen, IBM, Bea oder Microsoft überholen zu wollen. Aber unser Ziel ist es, ein nennenswerter Player zu sein.

CW: Noch ein Wort zu den Geschäftszahlen. Im dritten Quartal sahen Ihre Ergebnisse nicht mehr so gut aus. Sie mussten Ihre Wachstumsprognose zurücknehmen.

PLATTNER: Aber davor hatten wir zwei phantastische Quartale. Das dritte Quartal war immer noch gut. Die Ergebnisse wurden dadurch beeinträchtigt, dass wir uns für eine Milliarde Euro an Firmen beteiligt haben. Da die Firmen abgewertet worden sind oder sich selbst abgewertet haben, hatte das einen buchmäßigen Einfluss. Aber das Ebitda-Ergebnis ist immer noch hervorragend - besser als bei anderen Softwarefirmen. Und außerdem hat das US-Geschäft massiv unter den Folgen des 11. September gelitten.

CW: Bei CRM haben Sie nach eigenen Angaben 1000 Kunden. Tom Siebel bezweifelt das. Er habe noch keine Kundenliste gesehen.

PLATTNER: Siebel hatte im vergangenen Jahr 80 Prozent Wachstum und jetzt deutlich weniger. Warum? Natürlich ist der Markt insgesamt zurückgegangen, aber einen Großteil der Abschlüsse machen jetzt wir. Von den 1000 Siebel-Installationen bei SAP-Kunden sind nur 30 in die SAP-Systeme integriert. Das ist traurig. Mittlerweile hat Siebel in einer Reihe von Auswahlprojekten gegen SAP verloren. Und auch einige Ablösungen stehen an. Wir sind mittlerweile klar die Nummer zwei.

CW: Wie sehen Sie die konjunkturelle Entwicklung in Amerika und Europa?

PLATTNER: Ich kann nur sagen, was andere auch sagen. In Amerika haben wir das Schlimmste wahrscheinlich hinter uns. In Europa ist die Talsohle aber noch nicht erreicht. Von Kundenseite ist es so, dass viele große amerikanische Unternehmen wieder zu uns kommen und mit uns reden. Das macht Mut. Auch in Europa machen wir unsere Abschlüsse. Hierzulande ist es eher das psychologische Umfeld. Jeder redet von der Krise - beim Kanzler angefangen. Das verunsichert.