Noch besteht Hoffnung für das Dark Fiber

09.04.2002
Von Brady Rafuse

Die neuen IP-Carrier sind heute in der Lage, ihre Preise für Bandbreite zu senken und gleichzeitig die Nachfrage im europäischen Markt anzukurbeln. Dies verdanken sie auch der erwähnten Liberalisierung der TK-Industrie - eine Marktöffnung, die noch immer andauert. Die derzeit populäre Frage vieler Skeptiker, ob es ein Überangebot von Kapazitäten gibt, verfehlt dabei völlig das Ziel. Die Frage, die eigentlich beantwortet werden muss, ist vielmehr: Reichen die Kapazitäten aus, die derzeit zur Verfügung stehen, um den sprunghaften Anstieg der Nachfrage zu erfüllen? Mit anderen Worten: Die Gewinner der IP-Revolution werden die Anbieter im Lager der Carrrier sein, die erkennen, dass die Bandbreitenpreise dramatisch fallen werden - und die diese Preisreduzierungen forcieren.

Trotzdem: Bei der aktuellen Diskussion darf das Thema des vermeintlichen Überangebots an Bandbreite nicht außer Acht gelassen werden. Um Robert Metcalf, Erfinder des Ethernet Networking Protokolls, zu zitieren: "Die Behauptung, dass ein Überangebot von Bandbreite existiert, weil sehr viel Glasfaser vorhanden ist, ist zu vergleichen mit der Aussage, dass ein Überangebot von Mikroprozessoren vorherrscht, weil es sehr viel Sand gibt."

Also alles Unsinn mit dem so genannten Dark Fiber, das brach im Boden vergraben liegt, könnte man flaspsig sagen. Aber auch auf sachlicher Ebene ist das Argument, dass ein Bandbreiten-Überangebot existiert, in mindestens zwei Punkten nicht stichhaltig. Zum einen spiegelt es die aktuelle Marktentwicklung nicht genau wider. Zum anderen unterscheidet es nicht zwischen roher Glasfaser und nutzbarer Bandbreiten-Kapazität. Denn die unstrittig wachsende Nachfrage nach "High-Capacity"-Diensten hat zur Folge, dass die komplette, theoretische Faserkapazität, die derzeit zur Verfügung steht, innerhalb der nächsten fünf Jahre aufgebraucht sein wird. Die Branche steht folglich vor der Herausforderung, wie sie mit einem absehbaren potenziellen Mangel an Bandbreite umgehen wird - und nicht, wie sie die Nachfrage ankurbeln will, um ein Überangebot zu vermeiden. Die Nachfrage steigt entgegen anderslautenden Meldungen ohnehin - aber es werden keine neuen Kapazitäten aufgebaut, weil es im Markt aus nahe liegenden Motiven kein Kapital für weitere Investitionen gibt.