Noch besteht Hoffnung für das Dark Fiber

09.04.2002
Von Brady Rafuse

Das Aufregende dabei ist, dass alle Technologien, die für die visuelle Kommunikation notwendig sind, bereits existieren - von der simplen Webseite bis hin zu Video-Streaming. Die einzige Barriere, die der Nutzung dieses enormen Potenzials noch im Wege steht, ist eine kostengünstige und leistungsfähige Bandbreite. Level und andere Anbieter haben neue Backbones auf IP-Basis installiert, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Diese Netze können wesentlich mehr Daten übertragen als vergleichbare Infrastrukturen vor rund zehn Jahren.

Carrier-Carrier-Geschäft wird wichtig

Für traditionelle TK-Anbieter wie die Deutsche Telekom bedeuten geringere Preise für Bandbreite, dass es wesentlich attraktiver ist, unabhängige Carrier-Netze zu nutzen, als die eigenen Netze auszubauen. Betreiber, welche die letzte Meile zum Endkunden bedienen können, gehen daher immer häufiger Partnerschaften mit den Unternehmen ein, von denen sie ihre Langstreckenkapazitäten kaufen.

Die derzeit populäre Frage vieler Skeptiker, ob es ein Überangebot von Kapazitäten gibt, verfehlt in Europa also völlig das Ziel. Die Frage, die eigentlich beantwortet werden muss, ist vielmehr: Reichen die Kapazitäten aus, die derzeit zur Verfügung stehen, um den sprunghaften Anstieg der Nachfrage zu erfüllen? Mit anderen Worten: Die Gewinner der IP-Revolution werden jene Anbieter im Lager der Carrier sein, die erkennen, dass die Bandbreitenpreise dramatisch fallen werden - und die diese Preisreduzierungen forcieren.

Alles nur ein Irrtum?
Carrier 1 und Global Crossing - publicityträchtige Insolvenzen diesseits und jenseits des Atlantiks in einem Marktsegment, das derzeit wie kein anderes für die Krise im weltweiten TK-Markt steht. Nahezu täglich haben in den zurückliegenden Wochen schlechte Nachrichten von Glasfasernetzbetreibern à la Worldcom, Level 3 oder Colt Telecom Finanzmärkte und Kreditgeber verunsichert. Rund 500 Milliarden Dollar Risikokapital sind nach Schätzungen von Experten in den vergangenen Jahren in einen womöglich fatalen Irrtum investiert worden - Wagniskapital im wahrsten Sinne des Wortes.
Nach den Ende der 90er Jahre explosionsartig angestiegenen Zahlen von Internet-Nutzern kannten die Prognosen für den künftigen Bandbreitenbedarf keine Grenzen. Entsprechend wurde Glasfaser in der Erde „verbuddelt“. Doch das Ende der New Economy, die allgemeine Weltwirtschaftsflaute, fehlende beziehungsweise preiswerte Zugangstechnologien auf der viel zitierten letzten Meile sowie der Mangel an breitbandigen Anwendungen im Consumer-Sektor, führten dazu, dass der Boom bis heute auf sich warten lässt. Zwar ist die Zahl der Internet-Nutzer weltweit nahezu wie erwartet gestiegen, doch noch immer bahnen, wie Zyniker zutreffend feststellen, weitgehend Modem und ISDN die Trasse ins globale Netz.
Die Folgen dieser Entwicklung sind dramatisch. Angesichts der angehäuften gigantischen Überkapazitäten haben sich die Preise für den Datentransport in den vergangenen Jahren jeweils halbiert. In rund 95 Prozent aller Breitbandnetze heißt es mangels Nachfrage: „No traffic!“ Branchenkenner rechnen deshalb mit weiteren Insolvenzen. Nur wenige Firmen, die schon eine vergleichsweise lange Tradition besitzen und hauptsächlich Geschäftskunden adressieren, können sich derzeit noch vergleichsweise gut über Wasser halten.