Nach Rauswurf bei OpenAI

Microsoft heuert Sam Altman an

20.11.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Am vergangenen Freitag hatte OpenAI den CEO und Mitgründer Sam Altman an die Luft gesetzt. Heute hat Microsoft ihn und andere OpenAI-Experten unter Vertrag genommen.
Sam Altman hat einen neuen Chef: Satya Nadella (r.), der CEO von Microsoft, wird ihm und seinen Kollegen ein schönes KI-Labor einrichten.
Sam Altman hat einen neuen Chef: Satya Nadella (r.), der CEO von Microsoft, wird ihm und seinen Kollegen ein schönes KI-Labor einrichten.
Foto: Microsoft

Die OpenAI-Mitgründer Sam Altman und Greg Brockman werden, unterstützt von anderen ehemaligen OpenAI-Kolleginnen und -Kollegen, unter dem Dach von Microsoft ein "neues Forschungsteam rund um fortgeschrittene KI" leiten. Das schrieb Microsoft-Chef Satya Nadella am Montag in einem Statement. Man werde sich beeilen, die Wissenschaftler angemessen auszustatten, damit sie erfolgreich arbeiten könnten. Weiter heißt es dort, an der Partnerschaft mit OpenAI werde sich nichts ändern. Microsoft hält 49 Prozent an dem Unternehmen und ist mit 13 Milliarden Dollar investiert.

Update: Mehr als 650 der insgesamt 770 Mitarbeitenden von OpenAI haben am Montag (20. Nov. 2023) einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die Rückkehr von Sam Altman als CEO und Greg Brockman als President fordern und darüber hinaus den Rücktritt des als inkompetent bezeichneten Boards verlangen. Andernfalls würden alle zu Microsoft wechseln, wo es im neuen KI-Team unter Altman und Brockman interessante Jobs für jeden OpenAI-Beschäftigten gäbe.
Bizzar: Auch Technikchef Ilya Sutskever, der Altman angeblich loswerden wollte, befindet sich unter den Unterzeichnern.

OpenAI hatte am vergangenen Freitag überraschend Sam Altman gefeuert, woraufhin Mitgründer Greg Brockman ebenfalls hingeworfen hatte. Der Vorstand kritisierte Altmans angeblich schlechte Kommunikation und "mangelnde Offenheit". Dem Wall Street Journal zufolge soll es aber wohl auch zu einem internen Machtkampf mit Ilya Sutskever gekommen sein, einem weiteren Mitbegründer des Unternehmens, der ebenfalls im Board sitzt.

OpenAI setzt Interims-CEO ein

Altman hatte noch am Wochenende erklärt, er könne sich vorstellen, an die Spitze von OpenAI zurückzukehren - allerdings nur mit einem umgebauten Vorstand und neuen Governance-Strukturen. Doch dann hatte OpenAI mit Emmett Shear, dem früheren CEO der Gaming-Plattform Twitch, einen Interims-CEO eingesetzt. Altman soll sich schockiert gezeigt haben, da er wohl damit gerechnet hatte, doch noch an die Konzernspitze zurückzukehren.

Dass Altman und Brockman nun zu Microsoft gehen, ist für OpenAI eher eine gute Nachricht. Altman hatte nämlich angekündigt, einen direkten Wettbewerber zu gründen - gemeinsam mit einigen Exkollegen beziehungsweise OpenAI-Abtrünnigen. Ein personeller Aderlass bei OpenAI wäre wohl die Folge gewesen - was weder dem Startup noch Microsoft gefallen kann.

Altman und Brockman genießen im Kreis der Mitarbeitenden hohes Ansehen. Viele von ihnen hatten den Rauswurf des Mitgründers nicht verstanden und dagegen protestiert. So gesehen, dürfte Nadella mit dem Anheuern von Altman und Brockman ein Meisterstück in Sachen Schadensbegrenzung gelungen sein.

Sollte Interims-CEO von OpenAI werden: Mira Murati, CTO von OpenAI. Doch nun wirt der ehemalige Twitch-CEO Emmett Shear der neue Übergangschef des KI-Startups.
Sollte Interims-CEO von OpenAI werden: Mira Murati, CTO von OpenAI. Doch nun wirt der ehemalige Twitch-CEO Emmett Shear der neue Übergangschef des KI-Startups.
Foto: WSJ/YouTube

Nadella und Altman - best buddies

Microsoft gehört in der Auseinandersetzung genauso wie die Beteiligungsgesellschaft Thrive Capital und andere Investoren zu den Unterstützern Altmans. Nadella hatte erst vor einigen Tagen auf der ersten Entwicklerkonferenz von OpenAI als prominenter Gast auf der Bühne gestanden und die gute Zusammenarbeit mit dem Unternehmen gelobt. OpenAI-Technikchefin Mira Murati, die bereits als Nachfolgerin von Altman in der CEO-Rolle gehandelt worden war, hatte den Twitter-(X-)Kommentar Altmans "I love the OpenAI team so much" mit einem Herzchen kommentiert, womit klar war, dass sie wohl nicht die neue Chefin würde.

Der Verwaltungsrat hat Altman offenbar nicht nur fehlende Offenheit vorgeworfen, sondern gerüchteweise auch Verstöße gegen die Charta des Unternehmens zur Entwicklung sicherer KI. Wenn sich das bestätigen sollte, müsste sich Microsofts Nadella als künftiger Arbeitgeber allerdings wohl einmal näher mit dem neuen Angestellten beschäftigen.

Von allen OpenAI-Investoren ist Microsoft derjenige, der von den Turbulenzen bei OpenAI am stärksten betroffen ist. Microsoft hat seine Geschäfte zuletzt immer intensiver auf die KI-Modelle von OpenAI ausgerichtet, für die meisten Produkte der Windows-Company gibt es inzwischen einen Copilot, der auf OpenAI-Software baisert. Kein Wunder, dass die Aktien von Microsoft nach der Nachricht von Altmans Entlassung erst einmal fielen. (hv)