Länder reißen Fiscus-Projekt an sich

06.07.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Dies sei jedoch nur eine Frage der Zeit, glaubt Dieter Ondracek, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG). Es sei bereits seit längerem absehbar gewesen, dass die Fiscus GmbH in ihrer bestehenden Form sterben werde. "In der Entwicklung war Fiscus zu langsam und zu schwerfällig", kritisiert der Gewerkschafter. Obwohl die Länder schon über eigene Steuersoftware verfügten und diese auch weiterentwickelten, habe das Unternehmen gemeint, etwas komplett Neues entwickeln zu müssen. Dabei habe man die Komplexität unterschätzt.

Auch der Bund, der in der Vergangenheit einen Großteil des Fiscus-Etats aufgebracht hatte, wegen der föderalen Struktur allerdings keinen Einfluss auf die Entwicklung nehmen durfte, räumt ein Scheitern der GmbH ein. Das Unternehmen habe von Anfang an unter hohem politischen Erwartungsdruck gestanden, der den Aufbau nachhaltig belastet habe, hieß es von Seiten des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der computerwoche. Auch Management-Fehler hätten sich ungünstig ausgewirkt. "Das Ziel, ausreichendes steuerfachliches Know-how aufzubauen, wurde nicht erreicht", so das Fazit aus Berlin.

Im Grunde sei die Fiscus GmbH auf einem guten Weg gewesen, das Vorhaben auf solide Beine zu stellen, widerspricht Tom Gensicke, E-Government-Experte von Capgemini. Er vermutet finanzielle Gesichtspunkte hinter der Entscheidung der Finanzverwaltung. Offenbar seien die Länder nicht mehr bereit gewesen, der GmbH Geld zu geben. Die Finanzbehörden hätten Fiscus bewusst torpediert, argwöhnt hingegen ein Insider. So seien die von Anfang an unrealistischen Erwartungen immer höher geschraubt worden. Außerdem hätten die Behörden Abnahmen mehrmals verzögert und mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt. "Nun werden dieselben Beamten, die das Projekt und die GmbH in den Sand gesetzt haben, neues Spielgeld bekommen und sich wieder in die Haare kriegen."

Jetzt muss es klappen