SAP HANA im Klinikeinsatz

Krebsforscher setzen auf Datenturbo gegen Tumore

05.01.2013

Kein Tag ohne Präparat

Der promovierte Biologe Regenbrecht verlässt das Labor mit den Tumoren und führt über verwinkelte Treppen in einen ganz besonderen Raum: Durch ausladende Fenster strömt brüchiges Licht in einen Saal, in dem Ruinen aus dunklem Backsteinen ein stufenartiges Halbrund formen. Staubkörner tanzen in den quer einfallenden Sonnenstrahlen. Hier, in diesem einstigen Hörsaal, lehrte Rudolf Virchow (1821-1902), Begründer der modernen Pathologie in Deutschland und Namensgeber des heutigen Instituts für Pathologie auf dem Campus der Charité. Das moderne Gebäude umschließt die Hörsaalruinen. Die Wissenschaftler nutzen den Saal heutzutage für Vorträge oder Feiern. Virchow, der beispielsweise dem Blutkrebs seinen heutigen Namen Leukämie gab, hatte damals ein schlichtes Arbeitsmotto. "Kein Tag ohne Präparat."

Heutzutage sind die Gründe für vieles, was Virchow nur beschrieb, gut erforscht, was gezielte Behandlungsformen ermöglicht. Regenbrecht geht in den Keller zum Schaubild einer Zelle. Er erklärt, dass Standartherapien wie die Chemo vieles über einen Kamm scherten und gleich den ganzen Körper belasteten. Mit Hilfe des Plakates verdeutlicht er die moderne Antikörpertherapie, die die Krebszellen direkt angreift. Das sei immer öfter möglich, denn das Entziffern des Erbgutes werde günstiger und bei immer mehr Tumorarten wisse die Medizin, auf welche Mutationen in der DNA sie zurückzuführen sind.

Datenschieben mit SAP Hana

Doch je genauer der Krebs eines Patienten analysiert werden kann, desto ausufernder werden die Datenfluten und Wege und Kombinationen diverser Behandlungsformen. Die Daten eines Krebskranken können ganze Festplatten füllen. Dort kommt die Verbindung des Projektes zur Computerwelt ins Spiel. Die Charité nutzt die Echtzeit-Technologie Hana vom Softwareriesen SAP, die auch riesige Datensätze blitzschnell im Arbeitsspeicher und nicht mehr auf Festplatten bewegt. Yodobashi, ein Handelsunternehmen in Japan, brauchte früher zur Berechnung von Treueprogrammen ganze drei Tage. Mit Hana sind es zwei Sekunden.

Dieser Zeitvorteil soll auch Medizinern helfen. Per Tablet-PC haben sie mit Hana noch am Patientenbett in Sekundenschnelle Zugriff auf die Krankheitshistorie und zusätzlich auf relevante Studien etwa über Medikamentenwirksamkeit oder Therapieerfolge. "Im Alltag müssen Ärzte heute in Instituten anrufen, Akten und Präparate anfordern oder auf die Erreichbarkeit von Experten warten", erklärt Regenbrecht. Die Zukunft könnte sein, dass Therapiedaten online global vereint sind.

Ärzte aus der Praxis der täglichen Krebstherapie bestätigen, dass vieles zeitraubend sein kann. Professor Tim Brümmendorf, Krebsexperte an der Uniklinik Aachen, sagt beispielsweise: "Das Bewältigen dieser Datenflut kostet die Assistenzärzte auf der Station viel Zeit." Zwar seien die relevanten klinikinternen Befunde schon in elektronischen Patientenakten enthalten. "Aber alles, was wir extern haben wollen, läuft immer noch überwiegend per Anforderung", erklärt Brümmendorf, der in Aachen die Klinik mit Krebsforschungsschwerpunkt leitet.