SAP HANA im Klinikeinsatz

Krebsforscher setzen auf Datenturbo gegen Tumore

05.01.2013
Der moderne Kampf gegen Krebs mit immer spezielleren Therapien lässt die Zahl denkbarer Behandlungswege anschwellen. Ärzte stehen damit vor dem Dilemma, die beste Variante finden zu müssen. Die Berliner Charité gewährt Medizinern dabei nun ungewöhnliche Helfer.

Es heißt, jemand verliere leichter die Furcht vor etwas, wenn er es erst einmal gesehen hat. Diese Weisheit gilt nur bedingt für eine Anschauungsstunde zum Thema Krebs, wie sie in der Pathologie an der Berliner Charité möglich ist. In einem der Räume dort hinter der roten Klinkerfassade ist die Krankheit im wahrsten Sinne des Wortes allgegenwärtig. Laboranten in weißen Kitteln bearbeiten Gewebeteile, die auf Plastikbrettchen liegen. Es riecht beißend nach Konservierungsmittel. Ein Mitarbeiter schneidet gerade mit einer Art Rasiermesser eine Niere auf - in ihr wucherte ein tennisballgroßer Zellhaufen so stark, dass er aus dem Organ quoll. Gleich am Tisch daneben liegt, scheibchenweise, eine Brust.

Es ist schwierig, in diesem Raum nicht den Blick abzuwenden. Die Angst vor Tumoren schwindet kaum, wenn man einen von ihnen erst einmal gesehen hat - tranchiert unter dem Licht einer Laborlampe.

Die Arbeit des Teams ist aber durchaus das Hinschauen wert. In einem Projekt will die Charité Krebstherapie mit Computertechnologie verbinden, die bisher vor allem Firmen für ihr Rechnungswesen nutzen. Und der erste Schritt ist die Laborarbeit. Die Mitarbeiter markieren das Wachstum der Tumore mit verschiedenen Farben, um die Stadien der Ausbreitung zu kennzeichnen - etwa markante Übergänge in andere Gewebeschichten. "Das kommt alles direkt aus dem OP", erklärt Christian Regenbrecht, der die Projektgruppe mit leitet. Der Ansatzpunkt der Forscher: Tumor ist nicht gleich Tumor. Modernste Technik kann die Unterarten und ihre Ursachen immer genauer aufschlüsseln und so im Idealfall Therapieansätze verfeinern.

DNA als Schlüssel

"Der Schlüssel dazu liegt in der DNA", sagt Regenbrecht. So individuell wie die bei jedem sei, so individuell könnten Therapien aussehen. So gebe es hierzulande fast 60.000 neue Brustkrebsfälle pro Jahr. Alle Erkrankten bekämen nach der OP Chemotherapien. "Aber nur circa 40 Prozent profitieren davon auch im Nachhinein." Der Rest leide nur an den Nebenwirkungen. Eine davon ist, ausgerechnet, Krebs.

Der Traum der Mediziner: Mit genügend Wissen kann die Behandlung auf Patienten zugeschnitten werden und wirkt so besser. Im Idealfall erspart man sich unnötige Nebenwirkungen - und unnötige Kosten. In Deutschlands Gesundheitssystem mit der wachsenden Zahl alter Menschen ist auch das ein Treiber bei Projekten wie dem in der Charité. Eine Chemotherapie kann die Krankenkasse durchaus 100.000 Euro kosten. Doch neben einer Kostenersparnis birgt die personalisierte Medizin auch denkbare Problemfelder: Mit ihr schrumpft der Absatzmarkt für Arznei - eine Herausforderung bei den hohen Entwicklungskosten.