Keine Lust auf Börsenstress

27.07.2004
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Zudem sind in den vergangenen Jahren zwei traditionelle Gründe für einen Börsengang weggefallen: Um Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, genügt gegenwärtig auch ein Tarifgehalt. Darüber hinausreichende Belohnungen wie Aktienoptionen sind als Folge der Branchenkrise in den meisten Fällen überflüssig geworden. Auch ist die Milchmädchenrechnung der New Economy "Je mehr Umsatz, desto eher Profit" nicht überall aufgegangen. Heute lautet die gängige Formel "Je mehr Profit, desto unwichtiger der Umsatz". Sich Einnahmen mit fremdem Kapital um jeden Preis zu kaufen, hat viel von seinem einstigen Charme verloren.

Aufstieg und Niedergang Torsten Urban kam Anfang des Jahres 2000 kurz nach dem Börsengang zur Nürnberger Bintec AG und konnte den "Aufstieg und Niedergang" des Netzspezialisten miterleben. Prinzipiell sei es schlau gewesen, an die Börse zu gehen, resümiert er heute - "wenn man die vielen Möglichkeiten konsequent genutzt hätte". Jedoch lasteten hohe Wachstumserwartungen der Investoren auf dem Management, das dem damals herrschenden Druck nicht hinreichend habe standhalten können - wer zahlt, schafft an: "Das Unternehmen hat sich vom adressierbaren Marktumfeld und den Kundenbedürfnissen entfernt." Dabei sei auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, Fehler zu machen. Im Dezember 2002 meldete die Firma Insolvenz an. Der Spagat zwischen den Visionen für die Investoren und den Anforderungen der Kunden war gescheitert. Seit dem Februar 2003 ist Bintec wieder eine GmbH, seitdem wurde laut Urban jeder Monat mit Profiten abgeschlossen. Das Unternehmen expandiert langsam und setzt bei der Internationalisierung auf Partnerschaften: "Man muss sich von dem Wahn verabschieden, alles selber machen zu wollen", fordert Urban, heute einer der Bintec-Geschäftsführer. Im Mai 2003 übernahm die Funkwerk AG das Unternehmen. Urbans Fazit: "Wir sind zufrieden mit dem Rückzug von der Börse und stehen heute besser als zuvor da."
Aufstieg und Niedergang Torsten Urban kam Anfang des Jahres 2000 kurz nach dem Börsengang zur Nürnberger Bintec AG und konnte den "Aufstieg und Niedergang" des Netzspezialisten miterleben. Prinzipiell sei es schlau gewesen, an die Börse zu gehen, resümiert er heute - "wenn man die vielen Möglichkeiten konsequent genutzt hätte". Jedoch lasteten hohe Wachstumserwartungen der Investoren auf dem Management, das dem damals herrschenden Druck nicht hinreichend habe standhalten können - wer zahlt, schafft an: "Das Unternehmen hat sich vom adressierbaren Marktumfeld und den Kundenbedürfnissen entfernt." Dabei sei auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, Fehler zu machen. Im Dezember 2002 meldete die Firma Insolvenz an. Der Spagat zwischen den Visionen für die Investoren und den Anforderungen der Kunden war gescheitert. Seit dem Februar 2003 ist Bintec wieder eine GmbH, seitdem wurde laut Urban jeder Monat mit Profiten abgeschlossen. Das Unternehmen expandiert langsam und setzt bei der Internationalisierung auf Partnerschaften: "Man muss sich von dem Wahn verabschieden, alles selber machen zu wollen", fordert Urban, heute einer der Bintec-Geschäftsführer. Im Mai 2003 übernahm die Funkwerk AG das Unternehmen. Urbans Fazit: "Wir sind zufrieden mit dem Rückzug von der Börse und stehen heute besser als zuvor da."

Gemessen an den Wirtschaftsdaten würde sich die MSG Systems AG grundsätzlich für einen IPO qualifizieren, mit Einnahmen von über 180 Millionen Euro und 1800 Mitarbeitern ist die Firma vermutlich das größte unabhängige Software- und Dienstleistungsunternehmen in Deutschland. Gelegentliche Übernahmen finanzierte MSG in der Vergangenheit stets aus eigener Kraft, nun hat sich CEO Hans Zehetmaier vornehmlich dem organischen Wachstum verschrieben. Auch dafür braucht er die Börse nicht, im Gegenteil: "Wir bewerten die langfristige Ausrichtung des Unternehmens höher als ein stark ausgeprägtes Quartalsdenken." Als privat geführte Aktiengesellschaft könne MSG seine langfristigen Ziele besser erreichen, argumentiert Zehetmaier.

Fokus auf den Heimatmarkt

Ohne Geld von der Börse zu leben hat sich für viele IT-Firmen zu einem gangbaren Weg entwickelt. Die Branche ist reifer geworden, die Bäume wachsen nicht mehr in den Himmel, es herrscht Besinnung auf den Heimatmarkt. "Die deutsche Softwarebranche ist sehr national ausgerichtet", bilanziert der MSG-Chef. Dass sich die Situation grundlegend ändert, glaubt Zehetmaier nicht. Wenn schnelles Wachstum gefragt ist, tun sich die deutschen Anbieter ohne Börsenoption schwer, mit dem internationalen Tempo mitzuhalten. Dies gilt umso mehr, wenn etwa prosperierende Auslandsmärkte wie China erobert werden wollen. "Würden wir dem internationalen Weg der SAP AG folgen, müssten wir andere Finanzierungsformen wie einen Börsengang oder Beteiligungskapital wählen", konstatiert der MSG-Chef.