Zudem sind in den vergangenen Jahren zwei traditionelle Gründe für einen Börsengang weggefallen: Um Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, genügt gegenwärtig auch ein Tarifgehalt. Darüber hinausreichende Belohnungen wie Aktienoptionen sind als Folge der Branchenkrise in den meisten Fällen überflüssig geworden. Auch ist die Milchmädchenrechnung der New Economy "Je mehr Umsatz, desto eher Profit" nicht überall aufgegangen. Heute lautet die gängige Formel "Je mehr Profit, desto unwichtiger der Umsatz". Sich Einnahmen mit fremdem Kapital um jeden Preis zu kaufen, hat viel von seinem einstigen Charme verloren.
Gemessen an den Wirtschaftsdaten würde sich die MSG Systems AG grundsätzlich für einen IPO qualifizieren, mit Einnahmen von über 180 Millionen Euro und 1800 Mitarbeitern ist die Firma vermutlich das größte unabhängige Software- und Dienstleistungsunternehmen in Deutschland. Gelegentliche Übernahmen finanzierte MSG in der Vergangenheit stets aus eigener Kraft, nun hat sich CEO Hans Zehetmaier vornehmlich dem organischen Wachstum verschrieben. Auch dafür braucht er die Börse nicht, im Gegenteil: "Wir bewerten die langfristige Ausrichtung des Unternehmens höher als ein stark ausgeprägtes Quartalsdenken." Als privat geführte Aktiengesellschaft könne MSG seine langfristigen Ziele besser erreichen, argumentiert Zehetmaier.
Fokus auf den Heimatmarkt
Ohne Geld von der Börse zu leben hat sich für viele IT-Firmen zu einem gangbaren Weg entwickelt. Die Branche ist reifer geworden, die Bäume wachsen nicht mehr in den Himmel, es herrscht Besinnung auf den Heimatmarkt. "Die deutsche Softwarebranche ist sehr national ausgerichtet", bilanziert der MSG-Chef. Dass sich die Situation grundlegend ändert, glaubt Zehetmaier nicht. Wenn schnelles Wachstum gefragt ist, tun sich die deutschen Anbieter ohne Börsenoption schwer, mit dem internationalen Tempo mitzuhalten. Dies gilt umso mehr, wenn etwa prosperierende Auslandsmärkte wie China erobert werden wollen. "Würden wir dem internationalen Weg der SAP AG folgen, müssten wir andere Finanzierungsformen wie einen Börsengang oder Beteiligungskapital wählen", konstatiert der MSG-Chef.