Von der Euphorie zur Lächerlichkeit war es nur ein kleiner Schritt. Vor gerade einmal vier Jahren galten Börsengänge als erfolgversprechendes Mittel, um jungen IT-Unternehmen den Weg in die Profitabilität zu ebnen. Wer damals den IPO für seine Firma ablehnte, war verdächtig. Heute haben sich die Vorzeichen gewandelt: Kaum ein Unternehmen zieht es in Deutschland auf das Parkett, und kaum ein Anleger will sich an Hightech-Firmen erneut die Finger verbrennen. Statt Euphorie und Aufbruchstimmung herrschen nüchterne Kalkulationen vor, die für beide Seiten nur noch in den seltensten Fällen ermutigend ausfallen.
Das inzwischen tiefe Misstrauen zwischen Firmen und Investoren beruht voll und ganz auf Gegenseitigkeit. Anleger kaufen den IT-Herstellern ihre angeblichen Erfolgsgeschichten nicht mehr ab, und Unternehmen beklagen die miese Stimmung an den Kapitalmärkten sowie den Aufwand, der mit einer Börsennotierung verbunden ist. In diesem Spannungsfeld ist eine regelrechte Pattsituation entstanden - keine Seite bewegt sich aus ihrer Deckung hervor, weil sie sonst schmerzhafte Rückschläge fürchtet. Der IPO-Markt erstarrt, positive Gegenbeispiele sind Mangelware. Dass die Börsengänge von X-Fab und Siltronic im Frühjahr des Jahres in letzter Sekunde geplatzt sind, verstärkt den Trend. Selbst potenzielle Bluechips können die Preise, die sie sich für ihre Anteilscheine eingebildet haben, nicht mehr durchsetzen.
Folglich haben viele kleine und mittlere IT-Spezialisten in Deutschland aus der Not eine Tugend gemacht und ihre IPO-Pläne vorerst auf Eis gelegt. "Ich kenne kein einziges IT-Unternehmen, das hierzulande gegenwärtig einen Börsengang plant", berichtet Helmut Bartsch, Analyst der Stuttgarter BW-Bank. Das Marktumfeld sei schlecht, Wachstumsphantasien nicht vorhanden. Sein Fazit fällt dementsprechend ernüchternd aus: "Wer heutzutage Geld braucht, sucht sich alternativ zur Börse einen Finanzinvestor, der Kapital ins Unternehmen bringt."
Wachstum aus Cashflow