Java 1.5 soll .NET-Entwickler ködern

26.06.2003
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

Bei Firmen wie Sun, die ihr Geschäft primär auf das obere Segment von Enterprise-Anwendungen ausrichten, liegt eine Konzentration auf derartige Merkmale nahe. Dies gilt nicht nur für die Unix-Company, sondern auch für andere Anbieter aus dem Java-Lager wie IBM oder Oracle. Erfinder James Gosling bekannte bereits des Öfteren, er habe beim Design von Java besonders darauf geachtet, dass die Technologie den gehobenen Ansprüchen von Sun-Anwendern gerecht werde. Dabei räumte er ein, dass der Aspekt der Benutzerfreundlichkeit zu kurz gekommen sei und Java den Ruf erworben habe, kompliziert zu sein.

Sun reagiert auf .NET-Konkurrenz

Die geplante Kurskorrektur verdankt sich indes nicht bloß einer neu entdeckten Solidarität mit Programmierern, denen das Leben leichter gemacht werden soll. Vielmehr reagiert das Java-Lager damit auf die Herausforderung durch Microsofts .NET. Die Technologie aus Redmond beruht zu großen Teilen auf Konzepten von Java, allerdings konnte Microsoft seine mehrjährigen Erfahrungen als Java-Lizenznehmer nutzen und einige Verbesserungen in das eigene System einbringen. Nach allgemeiner Auffassung zählen ein flexibles Metadatenkonzept, die Unterstützung für mehrere Programmiersprachen sowie der Einsatz von Web-Services zu Microsofts Innovationen. Darüber hinaus gilt die dazugehörige Entwicklungsumgebung "Visual Studio .NET" als eines der besten Programmierwerkzeuge am Markt.

In der Konkurrenz mit Java hält Microsoft zwei weitere Trümpfe in der Hand: die große Gemeinde der Visual-Basic-Entwickler sowie das Bundling eines kompletten Applikations-Servers mit Windows. Als interessant erweist sich diese Kombination besonders bei Anwendungen für die Abteilungsebene sowie für mittelständische Firmen. Mit den beabsichtigten Neuerungen will Sun die eigene Technologie ausdrücklich für dieses Segment attraktiver machen. Redner auf der JavaOne wiesen auf die Lücke hin, die bei Java zwischen den großen Enterprise-Anwendungen und der inzwischen weit verbreiteten Nutzung auf mobilen Kleingeräten klaffe.

Innerhalb des Java-Lagers versuchen einige Hersteller durch besonders benutzerfreundliche Tools dieser Problematik zu begegnen. So bezieht sich etwa Bea mit seinem "Weblogic Workshop" explizit auf Visual Basic als Vorbild und will damit Programmierer von Microsoft abwerben. Sun präsentierte auf der Java-Konferenz mit "Rave" die Vorabversion eines ebenfalls visuellen Tools, das die formularbasierende Entwicklung von Web-Anwendungen erlauben soll.

Allerdings herrscht bei Sun Klarheit darüber, dass komfortable Werkzeuge alleine das Problem nicht lösen können. Sie kommen nämlich primär den Entwicklern von einfacheren Anwendungen entgegen und eignen sich weniger für große Projekte - aber auch dort wäre eine Reduktion unnötiger Komplexität von Vorteil. Außerdem werden Entwickler auch bei bequemen Tools früher oder später mit Code konfrontiert. Unnötige Komplexität wird dann wieder zum Problem. Deshalb soll J2SE 1.5 die größten Änderungen der Sprache selbst bringen, seit die Technologie 1995 auf den Markt kam.