Bei den meisten Automatisierungsprojekten stehen die Auswahl des geeigneten RPA-Tools (Robotic Process Automation) und Implementierungspartners sowie der richtigen Governance-Modelle im Vordergrund. Wenn die Bots dann aber in den Produktivbetrieb überführt werden, scheitern viele Projekte. Der Grund: Die eigentlich wichtigsten Aspekte eines erfolgreichen Bot-Betriebs wurden vergessen oder gar ignoriert, nämlich Überwachung und Wartung der Bots.
Häufige Ursache für Ausfälle bei Softwarerobotern ist, dass mit der Überführung in den Produktivbetrieb zwar die Automatisierungsschritte übernommen werden, die Anwendungsumgebung sich aber ändert: Mitunter sind die Zielsysteme oder auch die Infrastruktur für die Automatisierung nicht verfügbar oder offline, Lizenzschlüssel und Zugangsberechtigungen gesperrt oder abgelaufen. Die herkömmlichen Support- und Maintenance-Modelle geraten dabei schnell an ihre Grenzen, da die Lösung von Ausfällen mehrere Ressourcen und Experten in Anspruch nimmt und ein koordiniertes Vorgehen erfordert.
ROC: Strukturierte Abteilung mit festem Budget
Abhilfe schafft ein sogenanntes Robotic Operations Center (ROC). Dabei handelt es sich um ein in Teams für unterschiedliche Service Levels organisiertes Center. Das ROC unterstützt speziell Unternehmen, die schon mehrere Bots in Produktion haben und ihre Bot-Implementierungen im großen Stil skalieren möchten. Gleichzeitig orchestriert es die wachsende Bot-Infrastruktur, um einen reibungslosen Betrieb bei steigender Anzahl von Bots zu gewährleisten.
Während ein Center of Excellence (CoE) die RPA-Implementierung und -Einführung beschleunigen soll, kümmert sich das Robotic Operations Center um Support und Maintenance vorhandener Softwareroboter. Dem ROC unterliegt dazu die Verwaltung der Automatisierungskapazitäten, die Administrierung der Zugriffsberechtigungen und das Code-Promotion-, Anwendungs- und Release-Management. Die Mitarbeiter analysieren die Bots, betreuen sie im Produktivprozess, automatisieren neue Prozesse und entwickeln Konformitätsmodelle für ausgereiftere Exemplare.
- Roman Schäfer, Blue Reply
Das Wort „Übergangstechnologie“ klingt arg negativ. Irgendwie ist doch alles eine Übergangstechnologie. Nach SAP R3 kommt S4 HANA, nach Windows 7 kommt Windows 10, da spricht niemand von Übergangstechnologien. Ich spreche daher lieber von Release-Zyklen. - Andreas Zehent, Deloitte
Die flächendeckende Technologiekompetenz fehlt noch immer in den meisten Unternehmen, da bei Einstellungsverfahren in Fachabteilungen noch zu wenig Wert darauf gelegt wird. In vielen Abteilungen vieler Unternehmen können Sie außerhalb der IT die Leute, die zumindest die nötigen Grundkenntnisse mitbringen, an den Fingern einer Hand abzählen. - Dr. Rami-Habib Eid-Sabbagh, Lana Labs
Das Schöne an RPA ist doch: Die Technologien sind heute einfach zu nutzen. Durch diesen Vorteil sinkt die Hemmschwelle zur Modernisierung, und neue Türen werden aufgestoßen – mit Machine Learning und Process Mining werden in Zukunft automatisch gezielt smarte Bots gebaut werden können. - Jan Wunschick, Lufthansa Industry Solutions
Viele Firmen machen immer wieder den gleichen Fehler, sehr viele starre Prozesse zu implementieren, vor allem im Bereich der IT-Sicherheit. Der Aufwand, die Legacy-Architektur umzubauen, steigt auf diese Weise exponentiell. Gerade hier sind Plattformansätze hochspannend, weil sie den Aufwand deutlich reduzieren und viele Einsparmöglichkeiten bieten. - Alexander Steiner, meta:proc
Gerade wenn nach günstigen und schnell umzusetzenden Lösungen gesucht wird, verspricht eine RPA schnelle Wertschöpfung. Doch eigentlich ist sie nur eine Übergangstechnologie, und zwar bis zu dem Punkt, an dem eine Schnittstellentechnologie besser passt. - Timo Nolle, PAFnow
KI und Machine Learning können das Process Mining entscheidend voranbringen. Das automatische Auffinden von Anomalien in Unternehmensprozessen ist zum Beispiel ein interessantes Szenario. Dieser Ansatz geht über die heutigen Möglichkeiten von RPA hinaus, da so nicht mehr nur Prozessbilder erstellt werden, sondern automatisch Learnings gezogen werden können. - Jörg Richter, Pegasystems
Kunden kommen häufig mit großen Ambitionen. Doch nach der Implementierung einer Technologie kommt es oft vor, dass der Betrieb stockt und die Lösung unproduktiv wird. RPA ist im Endeffekt eine Lösung, die dazu dient, die Legacy zu verwalten. Unbedingt vermeiden sollte man einen Wildwuchs an Bots: Wir raten unseren Kunden daher, für sich die Frage zu beantworten, wie für sie am Ende die ideale Lösung aussehen soll, und dann danach zu handeln. - Julian Beckers, Weissenberg Business Consulting
Erfolgreiches RPA ist für mich, wenn wir eine funktionierende, verständliche und portionierbare Lösung vorlegen können, die für sich funktioniert. Auf CIO-Ebene muss immer alles gleich in große Gesamtlösungen integriert sein und reibungslos darin aufgehen. Die Realität sieht aber häufig anders aus. Wir unterliegen im Alltag natürlich vielen technologischen Beschränkungen und müssen mit dem arbeiten, was wir haben.
Robotic Operations Center: Das RPA-Serviceangebot
Das RPA-Serviceangebot eines ROC sollte dazu folgende Punkte umfassen:
die Prozess- und Bot-Überwachung,
Wartung und Support,
Einrichtungs-Support,
die monatlichen Überprüfungen der Bot-Nutzungskennzahlen,
Optimierungsempfehlungen,
sowie die monatlichen Überprüfungen der üblichen geschäftlichen und technischen Bot-Ausnahmen.
Außerdem spricht das ROC-Team auf Basis der gesammelten Erkenntnisse Lösungsempfehlungen aus.
Im Rahmen der Produktionsunterstützung bietet ein ROC zudem noch Infrastruktur-Management, Service Desk Management, Monitoring und Performance Reporting, Verwaltung der Anwendungsfreigabe und Operations Management an. Dazu überwacht das ROC die Automatisierungsplattform und alle produktiven Bots, behebt grundlegende Fehler und koordiniert die Wartungsroutinen. In dem Center werden auch das Standardbetriebsverfahren für die Bots festgelegt, die notwendigen Eskalationsverfahren eingerichtet und die Service- und Auslastungsberichte erstellt.
Das ROC testet außerdem Automatisierungen, die mit Anwendungen interagieren, die umfassende Updates erhalten haben und ist verantwortlich für die Fehlerbehebung und Patches der Automatisierungssoftware. Es plant und überwacht die Bot-Ausführung und die Bot-Kapazitäten, um die Chancen für Prozessoptimierungen bewerten und entsprechende Optimierungsvorschläge machen zu können.
ROC als zentrale Anlaufstelle
Durch die Einrichtung eines ROC wissen alle Mitarbeiter an wen sie sich wenden können, wenn es zu Vorfällen oder Ausfällen kommt. Auf diese Weise wird die Geschwindigkeit zur Lösung eines Problems deutlich erhöht. Eine klare Definition der Verantwortlichkeiten zwischen den Anwendern und dem ROC erleichtert das Management der Automatisierungsplattform.
Als Teil seines Services stellt das ROC außerdem jeden Monat eine Anzahl von Entwicklungsstunden zur Verfügung, um Fehlerbehebungen und Aktualisierungen von Prozessen vorzunehmen. Dabei arbeitet das ROC-Team eng mit den Developer Teams zusammen, um sicherzustellen, dass der gesamte Entwicklungsprozess protokolliert und dokumentiert ist. Das erleichtert bei einem Incident die Ursachenanalyse. Das ROC richtet auch die entsprechenden Skripte ein, um die Erstellung des Bots zu standardisieren und zu automatisieren.
Das ROC führt zudem den Nachweis, dass die Bots die definierten Ziele erfüllen oder sogar übertreffen. Das Messen von Kern-KPIs, die den Erfolg des Bots definieren, sowie die Analyse der Daten mithilfe von Enterprise Reporting Tools münden in Berichte, die die Chancen für Effizienzgewinne beleuchten und entsprechende Maßnahmen vorschlagen.
Standardisierte Verfahren für alle Bot-Fälle
Das ROC legt fest, wie Incidents im Produktionsbereich behoben werden und überwacht, ob die richtigen Test- und Code-Heraufstufungsschritte für detaillierte Probleme befolgt werden. Es erstellt zudem Wartungspläne für die Infrastruktur und die Geschäftsanwendungen, führt notwendige Patches und wichtige Software-Updates durch und definiert Genehmigungs-Workflows.
Im Rahmen einer kontinuierlichen Verbesserung werden die aktuellenProduktionsprozesse ausgewertet, um Bereiche für eine Leistungs- und Effizienzsteigerung identifizieren zu können. Darüber hinaus kümmert sich das ROC auch um die Implementierung von Verbesserungen und Optimierungen, die genehmigt wurden und überwacht die Einführung neuer Bot-Versionen. Ein funktionierendes ROC überwacht und verwaltet neue oder bestehende Updates der Automatisierungsplattform, Upgrades oder Funktionserweiterungen bestehender Automatisierungs-Tools sowie die Integration neuer Technologien in die Automatisierungsplattform.
Die meisten Unternehmen scheitern bei ihren Bot-Deployments nach dem Übergang in den Produktivbetrieb an der Bereitstellung von Support und Maintenance. In vielen Fällen entspringt die Wartung und Überwachung eher einer spontanen, nachträglichen Eingebung als einer sorgfältig durchdachten Strategie für die strukturierte Bot-Wartung und -Governance. Aber genau diese sollte bereits bei der Bot-Entwicklung berücksichtigt und geplant werden, da sie letztendlich der Garant für eine effektive Bot-Wartung ist. Und ein erfolgreiches Support- und Maintenance-Konzept sichert den Erfolg jeder Automatisierung, unabhängig von der Anzahl der betriebenen Bots. Selbst 500 aktive Bots oder mehr stellen dann kein Problem mehr dar. (mb/fm)