Hewlett-Packard erfindet sich wieder neu

13.05.2003
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

 Überhaupt scheint für HP derzeit Marktführer IBM das Maß aller Dinge zu sein. Neben der Ein-Jahres-Bilanz des Mergers war beim Presse-Event in der britischen Hauptstadt die Ankündigung der so genannten Adaptive-Enterprise-Strategie zentrales Thema. Mit der Initiative möchte der Konzern künftig einen Großteil seiner IT-Dienstleistungen samt entsprechenden Soft- und Hardwarekomponenten jeweils kundenbezogen anbieten. Das Konzept ähnelt sehr stark dem On-Demand-Computing der IBM oder - mit Einschränkung - dem N1-Ansatz von Sun Microsystems. Glaubt man den HP-Blaupausen respektive den ersten Produktankündigungen, geht es bei Adaptive Enterprise allerdings nicht nur um eine Virtualisierung des Rechenzentrums, sondern um die komplette und zugleich flexible Verzahnung der IT mit den Geschäftsprozessen.

Bausteine von Adaptive Enterprise sind neben dem schon bekannten HP-Verfahren Utility Data Center (UDC) unter anderem zusätzliche Virtualisierungs-Tools für Server-Umgebungen und ein modifiziertes Modul der System-Management-Suite „Openview“ zur Netzüberwachung. Gleichzeitig hat HP eigenen Angaben zufolge ein Paket von zehn Adaptive-Enterprise-Lösungen für die IT-Konsolidierung und -Integration geschnürt. Sechs dieser Lösungen sollen den Anwendern helfen, ihre IT-Infrastruktur beweglicher zu machen, und zielen auf die Disziplinen Integration, Konsolidierung, IT-Management, Virtualisierung, Business Continuity sowie Security.

Das Darwin-Framework

Die übrigen vier Adaptive-Enterprise-Konzepte erleichtern laut HP das Einführen und Verwalten von Anwendungen über ihren gesamten Lebenszyklus. Dazu gehören „On-Demand“-Angebote für den Abruf zusätzlicher Rechenleistung nach Bedarf, Managed Services sowie integrierte Support- und Finanzierungslösungen. Als quasi übergeordnetes Framework hat HP zudem die „Darwin Reference Architecture“ vorgestellt - eine Art Middleware, mit der sich die unterschiedlichen HP-Komponenten mit Technologien und Plattformen wichtiger Partnerfirmen wie Cisco, Bea Systems, SAP und Oracle integrieren lassen. Konzernchefin Fiorina selbst bemühte bei der Vorstellung der Adaptive-Enterprise-Strategie in Palo Alto große Worte. Der Name Darwin symbolisiere die

Erkenntnis, „dass auch in der IT-Industrie nicht die größten und intelligentesten, sondern die flexibelsten Anbieter überleben werden“. Emea-Statthalter Rorsted präzisierte diese Aussage in London mit dem Zusatz, dass sich das Adaptive-Enterprise-Konzept vor allem in zwei zentralen Punkten vom On-Demand-Computing der IBM unterscheide. Im Gegensatz zu Big Blue stehe HP für „Offenheit und damit ein umfangreiches Partnerkonzept“. Zudem beinhalte Adaptive Enterprise „das stark unterschätzte Thema Printing-Management und -Services“.

Zahlreiche Beobachter reagierten dennoch skeptisch, auch wenn HP-Manager Rorsted nach der Vorstellung von Adaptive Enterprise im Kreis von IT-Analysten von einer „regelrechten Begeisterung“ bei Meta Group, Gartner und IDC wissen wollte. Vieles spricht im Moment jedenfalls dafür, dass es sich bei Adaptive Enterprise um einen weiteren Versuch des „Druckerkonzerns“ HP handelt, sich zu dem zu wandeln, was IBM seit je her ist: Eine IT-Company, die in allen Teilmärkten agiert. Virtualisierung, Rechnerleistung nach Bedarf, flexible IT-Kosten, Integration und Konsolidierung: Mit diesen Schlagworten und Versprechungen besitzt HP beileibe kein Alleinstellungsmerkmal und damit kein Pfund, mit dem sich im Markt nachhaltig wuchern lässt.