Hector gegen Goliath

07.09.2004
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Neben dem CPU-Bereich kann AMD eine erfolgreiche Flash-Speicher-Sparte vorweisen. Die langjährige Partnerschaft mit Fujitsu hat 2003 zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens geführt, das auf den Namen Spansion hört. Im zweiten Quartal setzte die Company rund 670 Millionen Dollar um. Im Bereich so genannter NOR-Flash-Speicher, die sich beispielsweise in Mobiltelefonen finden, ist Spansion laut Isupply Marktführer - vor Intel. Allerdings konnte der große Konkurrent im zweiten Quartal etwas Boden gutmachen. Im Gesamtmarkt für Flash-Speicher liegt Spansion auf Platz drei, Intel belegt den vierten Rang. Vorne stehen Samsung und Toshiba, deren Geschäfte mit NAND-Speichern zuletzt Einbußen hinnehmen mussten. Inzwischen erwirtschaftet AMD mehr als die Hälfte des Umsatzes mit Speichern, im Vorjahr war es noch rund ein Drittel. Einerseits wird das Unternehmen durch die Diversifizierung stabiler. Im Falle eines Abschwungs der Speichernachfrage hat AMD

andererseits ein gravierendes Problem. Einige Analysten gehen davon aus, dass der Speichersektor im kommenden Jahr den Rückwärtsgang einlegen wird. Zudem sind die Preise seit dem Frühjahr um ein Drittel gefallen. AMD argumentiert dagegen, dies treibe die Nachfrage an. Ohne die Rückendeckung aus einer florierenden Speicherdivision wird es jedoch schwer, den Druck auf Intel im Prozessor-Bereich aufrechtzuerhalten.

Vor allem die Flash-Sparte sowie die Einführung des selbst entwickelten Opteron-Prozessors im Frühjahr 2003 und der Angriff auf den zuvor halbherzig belieferten Servermarkt brachte die Wende. AMD konnte zeigen, dass ein Zwerg in der Lage ist, dem Riesen technisch davonzulaufen. Glück für den Außenseiter: Microsoft sprang auf den rollenden Opteron-Zug auf - inwieweit die Aussage von AMDs damaligem CEO Jerry Sanders vor dem Kartellgericht zugunsten des Softwarekonzerns eine Rolle gespielt hat, sei dahingestellt. Fast alle großen Serverhersteller erkannten indes in der CPU die Chance, ihre Abhängigkeit von lediglich einem Lieferanten zu reduzieren. Im Herbst des vergangenen Jahres kamen "Athlon-64"-Chips für Desktops und Notebooks auf den Markt, ebenfalls keine Ladenhüter.

Nach unten abgerundet wird das AMD-Portfolio in Kürze durch die "Sempron"-CPU-Familie, die Intels Lowend-Prozessorserie "Celeron" angreifen soll. Diese konnte, obwohl schon seit immerhin sechs Jahren verfügbar, zuletzt ihren Marktanteil wieder steigern. Die Nachfrage nach billigeren Systemen hat die PC-Hersteller dazu veranlasst, den Rotstift an den Komponenten anzusetzen. Daher hat ein Chip wie der Sempron das Potenzial, auf einen großen Markt zu treffen - viel mehr Zeit hätte sich AMD mit der Entwicklung aber auch nicht lassen dürfen. Desktops für 500 Euro, Notebooks für weniger als 1000 Euro sind das Zielsegment.

An der Spitze der Leistungsskala liegt AMDs neuer Opteron-Chip, der mit zwei Kernen (Dual Core) ausgestattet ist. Er soll Mitte 2005 für Server, Ende des kommenden Jahres auch im PC-Bereich zur Verfügung stehen. Dass Intel dann ähnliche Prozessoren ("Montecito") auf den Markt bringt, gilt indes als ausgemachte Sache. Immerhin hat es AMD geschafft, den Fokus vom PC in die prestige- und margenträchtige Serverwelt zu verlagern. Und der Druck auf Intel, keinen Fehler zu machen, bleibt bestehen.

Die mittelfristigen Ziele, die sich AMD gesetzt hat, sind dennoch ambitioniert: Firmenchef Ruiz strebt einen Marktanteil im Prozessorbereich von 25 Prozent an. Lange Zeit dümpelte das Unternehmen bei fünf Prozent, derzeit stammt etwa jede zehnte CPU von AMD, Intels Marktanteil wird auf 80 Prozent taxiert. "Innerhalb von drei bis fünf Jahren können wir eine solide Position in einem echten Duopol erreichen", glaubt Ruiz. Die Zeiten des Monopols sind, nicht zuletzt wegen der Beharrlichkeit des AMD-Managements, vorerst vorbei. Anders als etwa Apple ist es dem Unternehmen gelungen, seine originäre Nische zu vergrößern.