KI-Geschäftsmodelle

EU-Supercomputer für KI-Startups

15.09.2023
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Die EU will Mittelständler und Startups bei der Entwicklung neuer KI-Geschäftsmodelle fördern: Sie sollen die Supercomputer der EU dazu nutzen können.
Die EU will KI-Startups und Mittelständlern die Rechenleistung ihrer Supercomputer (im Bild der HPC LUMI) zur Verfügung stellen, damit diese neue KI-Modelle schneller berechnen können.
Die EU will KI-Startups und Mittelständlern die Rechenleistung ihrer Supercomputer (im Bild der HPC LUMI) zur Verfügung stellen, damit diese neue KI-Modelle schneller berechnen können.
Foto: CSC

In ihrer Rede zum "State of the Union 2023" kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine neue Initiative an: Die EU will KI-Startups ihre Hochleistungsrechner zur Verfügung stellen, damit diese ihre Geschäftsmodell erproben können.

Dank der Investitionen der vergangenen Jahre sei Europa mittlerweile führend in Sachen Supercomputer. "Drei der fünf leistungsstärksten Supercomputer weltweit stehen in Europa", so von der Leyen, "daraus müssen wir etwas machen." So ist man bei der EU davon überzeugt, dass die eigene Supercomputing-Infrastruktur Startups dabei hilft, die Trainingszeit für die neuesten KI-Modelle von Monaten oder Jahren auf Tage oder Wochen zu verkürzen.

Fördern und gängeln

Allerdings ist die Bereitstellung von Rechenleistung nur ein Teil der EU-Maßnahmen zur Steuerung von Innovationen. Auf der anderen Seite will die EU mit den KI-Unternehmen zusammenarbeiten, damit diese sich freiwillig zu den Grundsätzen des KI-Gesetzes (AI Act) verpflichten, bevor es in Kraft tritt.

Letztlich beinhaltet die KI-Governance-Strategie der EU Zuckerbrot und Peitsche. Das Zuckerbrot wäre dabei der Zugang zu Hochleistungsrechnern für "verantwortungsvolle" KI-Startups.

Zuckerbrot und Peitsche

Die Peitsche wäre die daran geknüpfte Bedingung: Startups, die Zugang zu den Hochleistungsrechenressourcen der EU erhalten wollen - zu denen derzeit Supercomputer im Pre-Exascale- und Petascale-Bereich gehören -, müssen sich dem Programm der EU zur KI-Governance anschließen.

Ein Sprecher der Kommission bestätigte, dass der auf Startups ausgerichtete Plan auf der bestehenden Politik aufbaut, der Industrie den Zugang zu Supercomputern zu ermöglichen (über einen Prozess namens EuroHPC Access Calls for Proposals). So solle die neue Initiative KI-Startups den Zugang zu europäischen Supercomputer-Kapazitäten zu erleichtern.

Die EU-Supercomputer

Die derzeit acht Supercomputer der EU sind in der gesamten EU verteilt und befinden sich häufig in Forschungseinrichtungen. Dazu gehören etwa Lumi, ein HPC-Supercomputer in Finnland, MareNostrum 5, ein Supercomputer in Spanien, und Leonardo, ein dritter Supercomputer in Italien. Weitere Supercomputer sind Vega in Slowenien, MeluXina in Luxemburg, Discoverer in Bulgarien, Deucalion in Portugal sowie Karolina in Tschechien.

Lumi ist derzeit der schnellste Supercomputer der EU. Weltweit gilt er als der drittschnellste Rechner, wie aus der im Mai 2023 veröffentlichten Top500-Liste hervorgeht. Bei Lumi handelt es sich um ein HPE Cray EX-System, das in seiner Endkonfiguration eine Rechenleistung von 375 Petaflops bietet. Damit zähle Lumi, so die EU, zu den weltweit führenden Plattformen für Künstliche Intelligenz.

Exascale-Rechner vor dem Start

Während diese Rechner der Pre-Exascale-Klasse zugeordnet werden, stehen zwei noch leistungsfähigere Exascale-Rechner vor dem Start. 2024 soll in Jülich mit Jupiter Europas erster Exascale-Rechner in Betrieb gehen. Noch im gleichen Jahr ist in Frankreich mit Jules Verne die Inbetriebnahme des zweiten Exascale-Computers geplant.

KI - Chancen und Risiken

Zudem ging die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede auch auf die Bedenken bestimmter Kreise der Technologiebranche ein, die glauben, dass KI ein existenzielles Risiko für die Menschheit darstelle. "Die Eindämmung des Risikos des Aussterbens durch KI sollte neben anderen gesellschaftlichen Risiken wie Pandemien und Atomkrieg eine globale Priorität haben", so von der Leyen. Auf der anderen Seite sieht sie aber auch das Potenzial von KI, um etwa die Gesundheitsversorgung zu verbessern, die Produktivität zu steigern oder den Klimawandel zu bekämpfen.

Vor diesem Hintergrund warnte sie denn auch, "wir haben ein kleiner werdendes Zeitfenster, um diese Technologie verantwortungsvoll zu steuern." Zumal sich KI schneller entwickle als selbst ihre Entwickler gedacht hätten.