Von A wie Analyse bis Z wie Zeitverständnis

Erfolgsfaktoren für interkulturelle IT-Projektteams

28.06.2010
Von Sonja  App und Sandra Eggelhöfer

Bei der Auswahl nicht nur auf Fachwissen achten

Darüber hinaus sollten sich Projektleiter früh mit den Qualifikationsprofilen und Erfahrungen ihrer neuen Mitarbeiter auseinander setzen. Nur so können sie diese optimal einsetzen. Häufig entscheidet bereits das Staffing über Erfolg oder Misserfolg eines Projekts. Heute wird in vielen Unternehmen bei der Besetzung von IT-Projekten in erster Linie auf harte Faktoren wie das fachliche Know-how geachtet. Zahlreiche weiche Faktoren wie Sprache, interkulturelle Kompetenz und andere Soft Skills werden vernachlässigt.

Letztendlich können aber diese weichen Faktoren entscheidend für den Projekterfolg sein. Ein Netzwerkingenieur kann sich noch so gut mit Netzwerken auskennen. Er wird scheitern, wenn er weder mit der Sprache noch mit der Kultur in einem bestimmten Land vertraut ist, in dem er unter schwierigen Rahmenbedingungen ein Projekt ausführen muss. Daher ist es unerlässlich, Projektmitarbeiter, die in andere Länder entsendet werden, sorgfältig auf die Rahmenbedingungen im Ausland vorzubereiten

Führung virtueller Teams

Ein Seminar zum Thema "Interkulturelle virtuelle Teams erfolgreich führen" bietet Unternehmensberaterin Sonja App am 8. und 9. November 2010 in Hannover an. Inhouse-Seminare veranstaltet sie auf Anfrage.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind Sprachkenntnisse. In internationalen Projekten wird häufig Englisch als gemeinsame Projektsprache gewählt, und viele Projektleiter gehen davon aus, dass alle Mitarbeiter Englisch auf sehr hohem Niveau sprechen und schreiben. In der Realität stellt sich jedoch oft heraus, dass dies nicht der Fall ist. Deswegen sind Unternehmen gut beraten, vorurteilsfrei Kenntnisse zu überprüfen und in Sprachtrainings zu investieren. Selbst eine gemeinsame Sprache schützt allerdings nicht vor Missverständnissen, zum Beispiel wenn sich ein Texaner und ein Inder unterhalten.

Deutsche halten wenig von ausgedehntem Small Talk

Ein weiterer Faktor mit Konfliktpotenzial sind die unterschiedlichen Kulturen der involvierten Projektmitarbeiter. Kommunikationsstile unterscheiden sich von Land zu Land stark. So ist in Deutschland die Smalltalk-Phase zu Beginn eines Meetings oder einer Telefonkonferenz oft auf wenige Minuten beschränkt. Mitarbeiter vieler anderer Kulturen gehen dagegen in eine ausgedehnte Smalltalk-Runde, was die Geduld mancher deutschen Kollegen strapazieren kann. Außerdem sind es viele Deutsche gewohnt, recht direkt zu kommunizieren. Sie trennen sehr klar Sache und Person. In vielen anderen Kulturen ist dies jedoch nicht der Fall. Dort werden negative News und Kritik häufig freundlich umschrieben, damit man selbst und andere das Gesicht wahren können. So gilt es in den meisten asiatischen Ländern zum Beispiel als unhöflich, eine Aufgabe abzulehnen oder Verständnisprobleme einzugestehen.

Wichtig sind bilaterale Gespräche, damit die Mitarbeiter offen reden können. Wer sich kontinuierlich über den Stand der vereinbarten Leistung Gewissheit verschafft, reduziert das Risiko von unangenehmen Überraschungen zu Meilensteinen. "Unter Betrachtung der reinen Stundenkosten erscheint die Einbindung von Softwareentwicklern aus Indien oder China sehr verlockend. Allerdings sind die höheren Planungs- und Monitoring-Aufwendungen oft nicht einkalkuliert und führen im Nachgang zu Überziehungen.", sagt Guido Matern, Senior Consultant / Projektmanager bei der Proventa AG.

Unterschiede im Arbeitsrhythmus und Zeitverständnis

Kulturelle Unterschiede zeigen sich auch im Arbeitsrhythmus, dem Zeitverständnis und den bevorzugten Kommunikationskanälen. Selbst innerhalb Europas gibt es große Unterschiede. Spanier machen in der Regel zwischen 15 und 16 Uhr Mittagspause und arbeiten abends länger als Deutsche. Auch die virtuelle Zusammenarbeit ist nicht bei allen Kulturen gleichermaßen beliebt. Während Deutsche es gewohnt sind, viel per E-Mail zu kommunizieren, ziehen Mitarbeiter anderer Kulturen oft den persönlichen und telefonischen Kontakt vor.

Sofern die Projektmitarbeiter aus verschiedenen Erdteilen kommen, erschweren Zeitverschiebungen die Vereinbarung von Telefonterminen und persönlichen Treffen. Projektleiter, die ihr Team fast ausschließlich virtuell führen, stehen vor besonders großen Herausforderungen - zumal sie in der Regel keine disziplinarische Verantwortung für die Mitarbeiter haben. Sie müssen über eine ausgeprägte interkulturelle Kompetenz verfügen, denn in der Regel haben sie Mitarbeiter aus vielen verschiedenen Kulturkreisen zu integrieren, die rund um den Erdball verstreut sind. Interkulturelle Trainings und/oder Coachings sensibilisieren diese Zielgruppe für kulturelle Unterschiede auf Mitarbeiter- und Kundenseite und sind eine gute Investition in den Projekterfolg.