E-Government ist ein schwieriges Geschäft

09.10.2003
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Allerdings fällt es schwer, den Public Sector konkret einzugrenzen. Neben dem Bund mit seinen vielen Ressorts wie Verteidigung oder Gesundheit sowie den 16 Bundesländern, bei denen es sich um vollkommen eigenständige Märkte handelt, gibt es rund 15.000 Kommunen mit ihren jeweiligen Entscheidungsträgern: "Der öffentliche Bereich", sagt Rüdiger Meyer, Leiter Public Sector von Cap Gemini Ernst & Young (CGEY), "ist beleibe keine homogene Branche." Auch würden sich zunehmend die Grenzen zwischen der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft vermischen, wie etwa im Gesundheitswesen.

Zudem finden sich unterschiedliche Definitionen bereits für das Schlagwort E-Government. Die Consultants von PAC etwa bezeichnen damit alle Prozesse der öffentlichen Hand, die auf dem Internet aufbauen. Dies betrifft gegenwärtig in erster Linie Informationsangebote für Bürger und Unternehmen. Folglich fallen die dort von den IT-Anbietern erwirtschafteten Umsätze relativ gering aus. Laut PAC-Beraterin Reichhart werden gegenwärtig mit E-Government-Projekten rund 13 Prozent des Software- und Servicevolumens im Public Sector umgesetzt. Im Jahr 2007 sollen es 24 Prozent sein, lautet die Prognose.

IT allein ist keine Lösung

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom) hingegen dehnt den Begriff des E-Government von den Kommunikationsprozessen auf den gesamten Datenaustausch der Behörden aus. Generell sei das Marktvolumen "nur schwer zu quantifizieren", sagt Axel Rittershaus, E-Government-Berater und Vorsitzender des einschlägigen Bitkom-Arbeitskreises. So steht von den 1,65 Milliarden Euro für das Projekt "Bund Online 2005" nur ein gewisser Teil für die IT zur Verfügung. Rund ein Drittel fließe in die Umstrukturierung und Reorganisation, berichtet Rittershaus: "Das Problem von E-Government ist, dass es nicht mit einer IT-Lösung getan ist."

Vor allem IT-Berater versprechen sich daher viel vom Investitionspotenzial, auch wenn die Haushaltslage "nicht gerade prickelnd" ist, wie ein Consultant einräumt. Theoretisch ist die Verwaltung indes das gelobte Land: Rund fünf Millionen Menschen arbeiten im Public Sector, der Nachholbedarf an moderner IT ist gewaltig, Prozesse müssen verschlankt, IT-Strukturen standardisiert und flexibilisiert werden. Rund sechs bis acht Milliarden Euro wird allein die Modernisierung der kommunalen Kommunikationsprozesse kosten, schätzt Rittershaus.

Nachdem inzwischen fast jedes Amt eine eigene Website hat, haben die IT-Verantwortlichen begonnen, die Prozesse im Backend aufzuräumen. Dabei geht es nicht - wie häufig in der Industrie - in erster Linie darum, mittels der IT Personal abzubauen: "Die Altersstruktur in den Behörden wird in den nächsten Jahren zu einer großen Pensionierungswelle führen", sagt CGEY-Manager Meyer. Verwaltungen hätten dann schlicht nicht mehr die personellen Ressourcen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Also muss jetzt gehandelt werden.